Berlin.

Drei Tage vor einer Polizeirazzia schlägt ein Islamist per Online-Chat Alarm. Ein Zufallstreffer oder Insiderwissen? Gibt es eine undichte Stelle bei den Anti-Terror-Fahndern?

Es ist das Bild eines kleinen Maulwurfs – eine Anleihe aus einer tschechischen Zeichentrickserie –, das ein Islamist postet. Dazu: „Achtung! Razzien stehen kurz bevor!“ Die „Geschwister“ sollen vorsichtig sein und „Maßnahmen“ einleiten. Die Nachricht auf dem Messengerdienst Telegram, Kanal „Dawa Pics“, endet mit einem Koran-Vers: „Und Allah kennt am besten eure Feinde“. Die Warnung stammt vom 27. Januar, am Dienstag darauf durchsuchen Polizisten in Hessen mehrere Wohnungen und verhaften einen Tunesier – einen mutmaßlichen Helfer der Terrormiliz IS. Noch am selben Tag warnt der Kanal „Dawa Pics“ erneut vor Durchsuchungen, verweist diesmal auf Nordrhein-Westfalen und Berlin. „Diese Woche gibt es weitere Razzien!“, schreibt die Person dann. Und genau eine Woche später schlagen Polizisten zu, durchsuchen mehrere Wohnungen. Im Fokus: der salafistische Verein „Medizin mit Herz“. Wo? In NRW, wie „Dawa Pics“ gewarnt hatte. Gibt es jemanden, der die Radikalen mit Informationen speist?

Mit den Recherchen konfrontiert, heißt es beim Bundeskriminalamt: „Dem BKA liegen Hinweise auf entsprechende Warnmeldungen innerhalb der salafistischen Szene vor.“ Indizien, dass Informationen aus Behörden nach außen an die Szene gelangt sind, gebe es nicht. Ähnlich antworten die Landeskriminalämter von Hessen, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Islamisten würden allgemeine Warnhinweise „mit der Schrotflinte streuen“, sagt ein Sprecher. Da lande die Person mal einen Treffer.

Das LKA Hessen nennt Details: „Der Verbreiter dieser ,Warnungen‘ ist den Sicherheitsbehörden hinreichend bekannt.“ Es sei ein Mann aus NRW, der seit Jahren Propaganda im salafistischen Spektrum verbreite. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach führt die Warnungen auf den Verfolgungsdruck auf die Islamisten zurück. Für einen Informanten der Extremisten bei der Polizei sieht auch er keine konkreten Anhaltspunkte. „Anders wäre die Lage, wenn vor einer Polizeimaßnahme an einem bestimmten Ort, einer Moschee oder einem Verein, gewarnt würde.“ Das wäre eine Katastrophe für die Behörden.