Kairo.

Sein Auftritt im Staatsfernsehen dauerte nur wenige Minuten. „Wir kommen nach Niniveh, um die Westseite von Mossul zu befreien“, erklärte Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi am Sonntag. Nicht mehr lange und alle Bürger des Landes seien für immer vom Terror der Gotteskrieger befreit, versprach er, während Flugzeuge Zehntausende Flugblätter abwarfen, die die Bevölkerung über die neue Großoffensive informierten und die Dschihadisten zur Kapitulation aufforderten.

Seit Mitte Oktober versuchen etwa 100.000 irakische Eliteeinheiten, Polizeikräfte und schiitische Milizen, den „Islamischen Staat“ aus Mossul zu vertreiben. Den Osten der Stadt haben sie in den letzten vier Monaten weitgehend zurückerobert. Nun sollen die Truppen auch in die Viertel jenseits des Tigris vorrücken, wo sich schätzungsweise 5000 Extremisten inmitten von 650.000 Zivilisten verschanzt halten. Premier al-Abadi rief seine Truppen noch einmal eindringlich auf, die Menschenrechte zu achten. Zuvor waren Videos aufgetaucht, auf denen Polizisten Männer misshandelten und drei ihrer Opfer erschossen.

Der Westen Mossuls ist schon länger komplett umzingelt, Lebensmittel, Medikamente und Benzin werden immer knapper. Auch die fünf innerstädtischen Brücken wurden durch alliierte Luftangriffe zerstört, sodass die angreifenden Truppen nun von Süden vorrücken, wo sich auch der völlig verwüstete Flughafen Mossuls befindet. Zusätzlich könnten die Angreifer in nächster Zeit gezwungen sein, Pontonbrücken über den Fluss zu legen.

Der Westteil Mossuls ist dichter besiedelt als der Osten der Metropole. Im Zentrum liegt auch die Große Moschee, von der aus Abu Bakr al-Baghdadi im Sommer 2014 sein „Islamisches Kalifat“ ausrief. Überall haben die Dschihadisten Tunnelsysteme angelegt und Durchgänge zwischen den Häusern geschlagen, sodass sie schnell und unbemerkt ihre Kampforte wechseln können. „Mossul wäre für jede Armee der Welt ein harter Kampf, und die irakischen Streitkräfte haben sich dieser Herausforderung gewachsen gezeigt“, erklärte General Stephen Townsend, der die US-Elitetruppen im Irak und Syrien kommandiert.