Washington.

Vier Wochen im Amt – und die Welten könnten nicht weiter auseinanderliegen. Während weite Teile Amerikas der Regierung von Donald Trump einen Fehlstart attestieren, sieht sich der Protagonist – bestärkt durch seine Anhänger – optimal im Plan. „Diese Regierung arbeitet wie eine fein eingestellte Maschine.“ Das war der Schlüsselsatz, den der 70-Jährige während seines denkwürdigen Rundumschlages im Weißen Haus vom Stapel ließ. Alles andere sind für Trump „Fake News“. Propaganda der Medien, die in puncto Unwahrheit „völlig außer Kon-trolle“ geraten seien. Richtig? Nach einem Monat Donald Trump hier die erste Inspektion:


Wahlerfolg:
Trump behauptet, er habe bei seiner Amtseinführung am 20. Januar das größte Publikum seit Ewigkeiten gehabt und im Wahlleute-Gremium den größten Sieg seit Ronald Reagan eingefahren. Die erste Behauptung ist durch Fotos und Liveaufnahmen widerlegt, die zweite wäre mit einer Nachfrage bei Wikipedia zu vermeiden gewesen. In fünf von sieben Wahlen seit Reagan hat der Gewinner größere Mehrheiten im „electoral college“ geholt. Obwohl sämtliche Wahlleiter in den Bundesstaaten protestieren und kein belastbarer Beweis vorliegt, hält Trump daran fest, dass Millionen Illegale am 8. November gegen ihn und für die Demokratin Hillary Clinton gestimmt haben sollen.


Vorzeigeprojekte: Trump hat, wie versprochen, den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko per Sondererlass auf den Weg gebracht. Mehr als eine Anschubfinanzierung gibt es aber bisher nicht. Dafür Klageandrohungen in betroffenen Südstaaten wie Texas oder Arizona. Die Kosten werden auf bis zu 50 Milliarden Dollar geschätzt. Sparbewusste Republikaner wie Paul Ryan spielen auf Zeit. Von Trumps Mantra, dass der südliche Nachbar „the wall“ bezahlen wird, ist nicht mehr die Rede. Im Heimatschutzministerium ist inoffiziell zu hören, dass es eine durchgehende Mauer „wohl nie“ geben wird.

Um Amerika besser vor Anschlägen islamistischer Terroristen zu schützen, hat Trump einen befristeten Einreisestopp für Menschen aus sieben vorwiegend muslimischen Ländern wie Syrien oder dem Irak verhängt. Terrorexperten, Geheimdienstler und Mitglieder vorheriger Regierungen bezeichneten die Maßnahme als „schädlich“ bis „unwirksam“. Gerichte haben die Anordnung gestoppt. Was Trump zu einer massiven Richterschelte veranlasste. Dadurch sind die Zweifel an seinem Verständnis von der in der Verfassung festgelegten Gewaltenteilung gewachsen. In Kürze will das Weiße Haus einen genehmigungsfähigen Einreisestopp vorlegen. Die erste echte Antiterrormaßnahme unter Trump, ein Militäreinsatz im Jemen, ging schief. Ein US-Soldat starb. Ebenso mehrere Zivilisten.

Die versprochene „vollständige“ Abschaffung der Krankenversicherung seines Vorgängers („Obamacare“) kommt nicht in Gang. Über 20 Millionen Menschen verlören ihren Schutz, wenn das zu teuer gewordene System ersatzlos fällt. Die Republikaner haben Angst, dass ihnen ein übereiltes Alternativkonzept bei den Zwischenwahlen 2018 vor die Füße fällt. Trump hat durchblicken lassen, dass eine Reform erst im nächsten Jahr kommt.


Entscheidungen: Trump regiert bisher ausschließlich mit Sonderverordnungen und Kommentaren auf Twitter. Viele „executive orders“ – Beerdigung des transpazifischen Handelsabkommens TPP, grünes Licht für zwei große Ölpipelines, Einstellungsstopp in Bundesbehörden etc. – haben zunächst nur Symbolwirkung. Bei allen strittigen Vorhaben werden die Gerichte entscheiden. Von Trumps versprochenen Steuererleichterungen für die Arbeiterschaft ist nichts zu sehen.

Außenpolitik: Trump hat einen „grundlegenden Neuanfang“ im Verhältnis zwischen Amerika und der Welt angekündigt. Eine Strategie ist bisher nicht erkennbar. China wird erst (mit Taiwan-Kontakten) brüskiert und dann umschmeichelt. Im Nahen Osten können sich Israel und Palästina neuerdings aussuchen, ob sie in einem oder in zwei Staaten nebeneinanderleben wollen. Die Nato wird erst für überflüssig und zu teuer erklärt. Danach sagt Trump, die USA stünden fest hinter dem Verteidigungsbündnis. Wie Syrien, der Irak, Libyen und andere Brandherde befriedet werden sollen, sagt Trump nicht. Aber das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ will er vom „Erdboden tilgen“. Zu Moskau will er den Draht verbessern. Inzwischen fordert Trump aber die Rückgabe der Krim, distanziert sich von Wladimir Putin und behält die Sanktionen bei.


Personal: Trump sagt, er habe das fähigste Team aller Zeiten um sich versammelt. Bei den Ministern Mattis (Verteidigung) und Tillerson (Auswärtiges) gibt es hier bisher wenig Widerspruch. Der Rest wird kontrovers gesehen. Betsy DeVos (Bildung), Jeff Sessions (Justiz), Tom Price (Gesundheit) schafften nur mit Ach und Krach die Hürde im Senat. Sicherheitsberater Michael Flynn musste wegen seiner sich zum Kriminalfall ausweitenden Russland-Connection gehen. Ein als Nachfolger ausgesuchter Ex-General hat abgesagt. Trumps Wunschkandidat für das Arbeitsministerium, Andrew Puzder, zog seine Kandidatur zurück. Er wäre bei der Abstimmung durchgefallen. Kellyanne Conway und Sean Spicer, die wichtigsten Sprachrohre, haben sich in Lügen und Halbwahrheiten verstrickt.

Medien: Trump gibt ihnen die Hauptschuld an seinem schlechten Image. Sie würden permanent einseitig berichten und Geschichten erfinden. Konsequenz: Viele Amerikaner trauten den etablierten Medien nicht mehr. „New York Times“, „Washington Post“ und andere vermelden dagegen steigende Abo-Zahlen. Etliche Sender haben höhere Einschaltquoten. Viele Redaktionen stocken Personal auf. Vor allem dem Ressort Fakten-Check wird Beachtung geschenkt. Wer will, kann sich jeden Tag ein detailliertes Bild darüber machen, was Donald Trump gesagt hat – und was davon stimmt.