Washington.

Eliot Cohen bemühte am Mittwoch das Wetter, um die Lage zu beschreiben, in der US-Präsident Donald Trump wegen der Russland-Verbindungen seines Teams steckt. „Es hing bereits eine Wolke über seiner Regierung“, sagte der frühere Berater von Präsident George W. Bush, „und die ist jetzt noch dunkler geworden.“

Was Cohen meinte, ist prominent in der „New York Times“ nachzulesen und legt den Eindruck nahe: Mit dem Abgang des durch seine verbotene Moskau-Diplomatie verbrannten Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn ist für den seit gerade einmal vier Wochen amtierenden US-Präsidenten das Russland-Kapitel alles andere als erledigt.

Unter Berufung auf ehemalige und amtierende Regierungsvertreter berichtet das Blatt über Vorwürfe, die das Trump-Lager vehement bestreitet: dass etliche Strategen aus dem Umfeld des New Yorker Milliardärs bereits im vergangenen Jahr – vor der Wahl – intensive Kontakte zu ranghohen russischen Geheimdienstmitarbeitern gehabt haben sollen. Von US-Geheimdiensten mitgeschnittene Gespräche sollen das zweifelsfrei belegen können.

Auffällig am heißen Draht zwischen Trumps Leuten und russischen Stellen: Die Gespräche häuften sich „etwa zu derselben Zeit“, als die Bundespolizei FBI und andere US-Organe intensiv Hinweisen nachgingen, dass vom Kreml gesteuerte Computerhacker Trumps demokratische Rivalin Hillary Clinton ins Visier genommen hatten und die Präsidentschaftswahl am 8. November stören wollten. Trump wischte die Anschuldigungen am Mittwoch via Twitter beiseite: „Die Fake-News-Medien drehen durch mit ihren Verschwörungstheorien und ihrem blinden Hass.“

Eindeutige Beweise für eine Kooperation zwischen Trumps Leuten und Russland hat die „New York Times“ bisher nicht präsentiert. Auch bei den Namen der Beteiligten hält man sich zurück. Mit einer Ausnahme. Paul Manafort, bis zum Sommer 2016 Trumps Wahlkampfchef, taucht als Verbindungsmann auf. Manafort hatte in der Ukraine für den früheren Präsidenten Viktor Janukowitsch die Fäden gezogen. Als öffentlich wurde, dass der 67-Jährige zwischen 2007 und 2012 knapp 13 Millionen Dollar Bargeld für seine Dienste erhalten haben soll – was er dementiert –, zog Trump eine Brandmauer und tauschte Manafort gegen seinen heutigen Topberater Stephen Bannon aus.

Zu den neuen Vorwürfen in der „New York Times“ sagte Manafort: „Ich habe niemals wissentlich mit russischen Geheimdienstbeamten gesprochen und ich war niemals an irgendetwas beteiligt, das mit der russischen Regierung oder der Verwaltung von Präsident Wladimir Putin oder den anderen Angelegenheiten zu tun hat, die heute Gegenstand von Untersuchungen sind.“ Ähnlich äußerte sich der Kreml. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Berichte basierten nicht auf Fakten.

Für die nach der Causa Flynn unter Druck stehende Regierung Trump sind die neuen Berichte, die sich wie Ankündigungen zu weiteren Enthüllungen lesen, misslich. Im Kongress wächst der Unmut. In mehreren Ausschüssen soll im Lichte der Lügengeschichten von Ex-General Flynn untersucht werden, ob sich Trump und seine Leute mit dem geopolitischen Rivalen ins gemeinsame Bett gelegt haben. „Dazu muss jeder Stein umgedreht werden“, sagte der republikanische Senator Roy Blunt.

Eine Sonderrolle wird FBI-Chef James Comey zukommen. Die Bundespolizei ermittelt seit Langem in Sachen Russland-Connection. Auch Flynn wurde bereits vernommen. Ergebnis: bisher unbekannt.

Aufseiten der Demokraten bestehen große Vorbehalte gegen Comey. Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl hatte er die Wiederaufnahme der Ermittlungen in Hillary Clintons E-Mail-Affäre angekündigt. Zwei Tage vor der Wahl erklärte Comey kleinlaut: keine besonderen Vorkommnisse. Clinton sieht in der Intervention bis heute einen wichtigen Auslöser für ihre Niederlage. Über lange bekannte Verdachtsmomente gegen Trump bezüglich unlauterer Russland-Kontakte verlor Comey bisher kein Wort.

Regierungssprecher Sean Spicer hatte am Dienstag im Weißen Haus beteuert, dass die Trump-Mannschaft und ihr nahestehende Personen vor der Wahl keine Verbindungen zur russischen Seite hatten. Dagegen steht die Aussage des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Rybakow. „Wir hatten Kontakte“, sagte Rybakow zwei Tage nach dem Wahlsieg Trumps, „selbstverständlich kennen wir die meisten Leute aus Trumps Umfeld.“

Damals war der Kreml noch hoffnungsfroh, dass sich nach den zähen Obama-Jahren die Beziehungen zu Washington aufhellen würden. Die Handhabung des Falls Flynn, der über Telefonate mit Russlands US-Botschafter Kisjlak stolperte, und eine eher beiläufige Bemerkung von Trumps Sprecher zum Streitthema Krim haben die Atmosphäre akut abgekühlt.

Wohl um zu demonstrieren, dass Trump gegenüber Putin keine Liebedienerei betreibt, erklärte Sean Spicer am Dienstagabend, dass der Präsident auf Rückgabe der 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeerhalbinsel an die Ukra­ine bestehe. Im Wahlkampf hatte Trump noch das Gegenteil in Aussicht gestellt: die Anerkennung des völkerrechtswidrigen Akts durch Washington. Entsprechend empört reagierte gestern Moskau. „Die Krim ist ein Teil Russlands. Alle Aussagen über eine Abtrennung der Krim von Russland sind ein Angriff auf unsere territoriale Integrität“, erklärte Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin. Der bekannte Außenpolitiker Leonid Sluzki stimmte bereits die erste Strophe des Abgesangs auf die neue russisch-amerikanische Freundschaft an: „Wir haben bei aller Sympathie für Trumps konstruktive Rhetorik zu früh entschieden, dass er prorussisch ist. Er ist proamerikanisch.“