Maastricht.

Bundespräsident Joachim Gauck hat angesichts der Verunsicherungen durch US-Präsident Donald Trump eine stärkere Emanzipation von den USA verlangt. „Es ist an der Zeit, dass die europäischen Staaten und besonders auch Deutschland, die sich lange unter dem Schild der amerikanischen Führungsmacht eingerichtet hatten, selbstbewusster und selbstständiger werden“, sagte er am Dienstag bei einem Festakt der Universität Maastricht.

„Wir haben besondere Verantwortung für die Stabilisierung der internationalen Ordnung“, betonte Gauck. Zu Recht werde deshalb diskutiert, wie Europa seine Verteidigungsbereitschaft erhöhen könne. „Wir dürfen die Werte, auf denen das europäische Projekt beruht, nicht preisgeben.“ Auf Anregung der Studenten hatte Gauck unmittelbar vor der Rede die Ehrendoktorwürde der Hochschule erhalten.

Europa müsse im Zeitalter von rasantem technologischem Wandel, wegen des anhaltenden Migrationsdrucks, des internationalen Terrorismus und einer instabilen Weltordnung entschiedener zusammenrücken, mahnte Gauck: „Manchmal bedarf es eines Schocks, um Einsichten zu erzwingen. Ein Schock kann heilsam sein.“ Ohne den Namen Trump zu nennen, forderte der Bundespräsident: „Wir wollen erhalten, was mühselig in der Geschichte errungen wurde und einen Kernbestand der Demokratie ausmacht: Keine Macht steht über dem Recht. Und auch die Macht ist an Recht gebunden.“ Trump hatte sich im juristischen Streit über sein Dekret für befristete Einreiseverbote für Bürger aus islamisch geprägten Ländern abfällig über Gerichtsentscheidungen und einzelne Richter geäußert.

Am 25. Jahrestag der Unterzeichnung des EU-Vertrages von Maastricht räumte Gauck auch vor dem Hintergrund eines erstarkenden Rechtspopulismus selbstkritisch Fehler in der EU ein. Probleme seien teils verschleppt worden, bis heute sei etwa die Währungsunion nicht hinreichend stabil. Der Vertrag von Maastricht sei für ihn zwar „eine Chiffre für ein in Frieden und Freiheit geeintes Europa“. Zugleich habe der Vertrag die EU aber „in eine gefährliche Schieflage gebracht“, weil er die Wirtschafts- und Finanzpolitik vorwiegend in nationaler Hand gelassen habe, kritisierte Gauck. Je stärker der Eindruck entstanden sei, die EU sei überfordert, desto mehr hätten Populisten Einfluss gewonnen. Als Rezept gegen die wachsende Entfremdung zwischen politischen Eliten und Bevölkerung empfahl Gauck der Politik eine klare, anschauliche Sprache, ohne übertriebene Erwartungen zu wecken.