Berlin. Bundesjustizminister Heiko Maas legt Gesetzentwurf vor, der neuen Straftatbestand schafft. Der SPD-Politiker: „Wer täglich Streife geht, hat mehr Respekt verdient“

Ein schwer verletzter Polizist und eine leicht verletzte Polizistin, das war im vergangenen November die Bilanz, nachdem im nordrhein-westfälischen Krefeld ein Auto abgeschleppt werden sollte. Drei Frauen und zwei Männer hatten versucht, dies zu verhindern und bedrohten zuerst die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und griffen dann die herbeigerufenen Polizisten an.

Solche Fälle sind fast Alltag geworden. Die Aggressivität gegenüber Polizisten, aber auch gegen Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter hat deutlich zugenommen. Den jüngsten Zahlen zufolge wurden im Jahr 2015 exakt 64.371 Polizisten Opfer von Straftaten. Das waren 1600 mehr als noch 2014. Im Jahr 2013 wiederum lag die Zahl der Opfer noch einmal niedriger bei 59.044. Selbst beim Ausstellen eines Knöllchens werden Polizisten inzwischen bedroht.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zieht nun Konsequenzen aus dieser Entwicklung und will das Strafrecht deutlich verschärfen. Das hatten CDU, CSU und SPD im Jahr 2013 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.

„Polizisten werden alltäglich brutal attackiert. Das ist völlig inakzeptabel“, sagte Maas dieser Redaktion. Alle Einsatzkräfte riskierten Gesundheit und Leben, um den Rechtsstaat zu verteidigen und anderen zu helfen. „Dafür haben sie unsere Wertschätzung und unsere Unterstützung verdient“, so Maas. „Es ist höchste Zeit, Polizisten wirkungsvoller zu schützen.“ Tätliche Angriffe müssten härter bestraft werden. Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute sollten „in ihrem gesamten Dienst“ geschützt werden, sagte der Minister. „Auch wer täglich Streife geht oder in der Amtsstube seinen Dienst verrichtet, hat mehr Respekt verdient.“

Konkret will Maas im Strafgesetzbuch einen neuen Straftatbestand schaffen, der den „tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ ahnden soll. Dies geht aus dem Gesetzentwurf hervor, der dieser Redaktion vorliegt und der am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Danach sollen tätliche Angriffe gegen Polizisten schon bei allgemeinen „Diensthandlungen“ unter Strafe stehen. Gemeint sind damit etwa Streifenfahrten, die Aufnahme eines Unfalls oder die Überwachung einer Radarkontrolle.

Bisher konnte der Angriff nur bestraft werden, wenn ein „Bezug zur Vollstreckungshandlung“ vorlag, also wenn ein Polizist beispielsweise dabei ist, jemanden festzunehmen. Durch die Veränderung soll laut Gesetzentwurf nun „das spezifische Unrecht des Angriffs auf das Opfer bei dessen Dienstausübung“ zum Ausdruck kommen. Dass sich Polizisten durch Schutzkleidung besser gegen Attacken wappnen, kommt für den Justizminister nicht infrage: Die schaffe eine „ungewollte Distanz zum Bürger“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Polizisten müssten im normalen Dienst nicht ständig mit einem Angriff rechnen.

Kritik an Einsparungen der vergangenen Jahre

Der neue Straftatbestand soll im Paragraf 114 des Strafgesetzbuchs geregelt werden. Der Strafrahmen wurde leicht verschärft, er liegt nun bei einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. In dem folgenden Paragrafen 115 werden Angriffe auf Rettungs- und andere Einsatzkräfte mit denselben Strafen belegt.

Darüber hinaus will der Justizminister den Katalog der „besonders schweren Fälle“ beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erweitern. So soll ein schwerer Fall künftig schon dann vorliegen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug dabeihat. Er muss es gar nicht erst einsetzen. Auch wenn ein tätlicher Angriff – wie etwa bei Demonstrationen – gemeinschaftlich von mehreren Personen verübt wird, soll dies vor Gericht künftig als besonders schwerer Fall gewertet werden.

Geht es nach Maas, reichen die Verschärfungen im Gesetz nicht aus: „Daneben müssen wir auch dafür sorgen, dass Polizisten besser ausgestattet werden und das Personal verstärkt wird“, forderte er. „Bei Polizei und Justiz ist im Zeitalter der Schuldenbremse in den Ländern deutlich zu viel gespart worden.“