Berlin.

2016 gab es 25 Beschwerden gegen Beamte der Bundespolizei wegen des Verdachts von diskriminierenden Kontrollen, davon 14 im zweiten Halbjahr. Dazu sind sieben Gerichtsverfahren noch anhängig. Dessen ungeachtet soll die Bundespolizei Reisende weiterhin auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes wie Hautfarbe und ethnischer Herkunft kontrollieren. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linke-Fraktion hervor, die dieser Redaktion vorliegt.

Die Linke verweist auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz. „Dass die Bundesregierung dieses zur Einzelfallentscheidung bagatellisiert, ist unerhört“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion Ulla Jelpke dieser Zeitung. „Wer das Urteil ernst nimmt, muss die Polizei davon abhalten, die Hautfarbe als Kriterium für Polizeikontrollen heranzuziehen.“ Jelpke wirft der Regierung „einen offenen Rechtsbruch“ vor.

Im Frühjahr 2016 hatte das Oberverwaltungsgericht Koblenz zugunsten eines Klägers entschieden, weil die Bundespolizei nicht den Verdacht ausräumen konnte, dass eine Familie im Zug allein aufgrund ihrer schwarzen Hautfarbe kontrolliert worden war. Die Bundesregierung hält es für eine „Entscheidung im Einzelfall“. Sie sehe denn auch „keine Veranlassung“, die bisherige Kontrollpraxis durch die Bundespolizei zu ändern.

Nach Auffassung der Regierung liegt keine „unzulässige Diskriminierung“ vor, „wenn das äußere Erscheinungsbild einer Person nur eines von mehreren Kriterien für die Durchführung einer konkreten polizeilichen Maßnahme ist“. Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, sagte dieser Zeitung, jedem Polizeivollzugsbeamten sei klar, dass die Ethnie „niemals alleiniges Kriterium für eine polizeiliche Maßnahme sein darf“.

Romann beteuerte, keine andere Behörde habe seit 1951 mehr Erfahrung und Übung im Umgang mit Migranten als die Bundespolizei: „Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 haben Migranten oft genug berichtet, dass wir auf ihrem langen Weg die erste Polizei waren, von der sie sich anständig behandelt gefühlt haben.“ Der Auftrag seiner Behörde sei aber, unerlaubte Einreisen zu verhindern. Im Jahr 2016 hat die Bundespolizei über 25.000 unerlaubte Einreisen registriert.