Berlin.

Ein richtiges Wochenende war das für Angela Merkel nicht. Am Sonnabend hatte sie als Bundeskanzlerin einen Telefontermin mit Donald Trump, und am Sonntag traf sie sich in als CDU-Vorsitzende mit Horst Seehofer. Zwei nicht ganz einfache Charaktere an zwei Tagen – es gibt schönere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen.

Was Trump angeht, so gab es außer diplomatischen Floskeln nicht viel über das Telefonat zu erfahren. Immerhin, möchte man sagen. Denn das Gespräch mit Seehofer am Sonntag blieb offiziell gänzlich unkommentiert. Das Verhältnis zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU ist offenbar mit noch größerer Vorsicht zu behandeln als das zum neuen Präsidenten der USA.

Mehr als ein Jahr dauert der Streit in der Union nun, auch das persönliche Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer geht ins zweite Jahr. Und je näher der Termin der Bundestagswahl Ende September rückt, desto größer ist der Druck, doch irgendwie Einigkeit herzustellen. Es gab einige Anläufe dazu, aber nur mäßigen Erfolg. Nun soll es gelingen: „Versöhnung mit Angela Merkel“ heißt die Überschrift über einem Interview mit der „Bild am Sonntag“, mit dem Seehofer den Boden bereiten wollte für das Treffen mit Merkel am Sonntag und für ein zweitägiges Treffen der Parteispitzen von CDU und CSU am kommenden Wochenende in München.

Der Schlüsselsatz des Interviews ist eindeutig: „Angela Merkel wird nach diesem Gipfel die gemeinsame Kanzlerkandidatin von CSU und CDU sein“, sagt Seehofer, das ist dann auch der einzige Satz, mit dem er klar für Merkel Position bezieht. Überall sonst in dem Interview wird deutlich, wie groß die Distanz zwischen beiden Parteien noch immer ist. Das Treffen in München werde „kein Versöhnungsgipfel“, stellt der CSU-Vorsitzende ausdrücklich klar. Es werde ein „Zukunftsgipfel“, man werde über die Themen des Wahlkampfs sprechen. Seehofer lässt keinen Zweifel daran, dass die zentralen Konflikte in der Flüchtlings- und in der Sicherheitspolitik nicht aus-, sondern allenfalls beiseitegeräumt sind: Mit Angela Merkel könne die CSU „die meisten ihrer Vorstellungen“ realisieren, sagt er. Und: „Es überwiegen die Gemeinsamkeiten mit der Bundeskanzlerin“. Alles in allem „rechtfertigt“ dies in Seehofers Augen, dass man gemeinsam in den Wahlkampf ziehe. Ein klares Bekenntnis zur CDU-Vorsitzenden sieht anders aus.

Auch das persönliche Lob, das Seehofer für Merkel übrig hat, kommt nicht ohne doppelten Boden aus: Sie repräsentiere Deutschland „erstklassig“, sagt er, sie „führt auch auf internationaler Ebene“. Und in Deutschland? „Wir haben Interesse an einer starken Kanzlerin.“ Das lässt offen, ob Merkel stark ist.

Der Kanzlerin reicht das einstweilen. Zweideutig positive Äußerungen aus Bayern sind immer noch besser, als wenn Seehofer erneut Öl ins Feuer gegossen hätte. Demonstrativ war das Treffen in München von der CSU immer wieder infrage gestellt worden. „Die Kanzlerin wird nicht unglücklich sein, dass das Treffen unter diesen Vorzeichen stattfindet“, zitiert die Nachrichtenagentur dpa „Insider“.

Aus der CDU-Spitze wollte sich am Sonntag niemand äußern. Man müsse die Probleme nicht wieder herbeireden, hieß es. CDU-Vize Thomas Strobl sagte am Sonnabend auf einer Parteiveranstaltung in Baden-Württemberg, es gebe viele in der Partei, denen der ewige Streit auf den Geist gehe. „Manche sind ganz schön auf der Zinne.“ Die CDU im Südwesten stehe zu Merkel.

Die Parteivorsitzende selbst sagte auf derselben Veranstaltung, man sei „auf einem guten Weg, dass CDU und CSU in den wichtigen Fragen gemeinsame Positionen haben oder vielleicht finden werden“. Da, wo es Unterschiede gebe, so Merkel, müssten beide Parteien damit leben können. Aber der „Grundstock an Gemeinsamkeiten“ sei so „überwältigend“, dass sie guten Mutes sei, ein gemeinsames Wahlprogramm hinzubekommen, versicherte Merkel.

Streng genommen gibt es nur einen Unterschied, und das ist die von der CSU geforderte Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen. Seehofer will nicht mehr als 200.000 Menschen pro Jahr ins Land lassen. Merkel argumentiert, das Asylrecht kenne keine Obergrenze. Der CSU-Chef will es nun halten wie mit der Pkw-Maut: Erstens werde es neben dem gemeinsamen Wahlprogramm wieder einen „Bayern-Plan“ geben, in dem die Forderung enthalten sein werde. Zweitens gebe es keinen Koalitionsvertrag, in dem nicht auch die Obergrenze vereinbart werde.

Aus Sicht der CSU hat das den praktischen Nebeneffekt, dass eine Koalition mit den Grünen damit unmöglich wird; auch das verkündet Seehofer seit Monaten. Er hält vielmehr ein Bündnis mit der FDP für denkbar, die habe gute Chancen, „sechs, sieben, acht Prozent zu holen.“ Aktuell liegen die Liberalen bei sechs Prozent und CDU und CSU bei rund 35 Prozent. Das „Wunschziel“ für die Union, fordert Seehofer, seien aber 40 Prozent. Damit es erreicht wird, soll Karl-Theodor zu Guttenberg reaktiviert werden. Der ehemalige Verteidigungsminister soll Wahlkampf für die CSU machen. Um ein Bundestagsmandat bewerbe er sich nicht, sagt Seehofer. Guttenberg stelle sich „hintan“.