Berlin.

Wenn es nach der Zahl der Facebook-Freunde ginge, stünde das Ergebnis für die Bundestagswahl 2017 schon fest: Da steckt die AfD mit ihren mehr als 314.000 Likes die anderen Parteien locker in die Tasche. SPD und CDU erreichen gemeinsam gerade mal 248.000 „Gefällt mir“-Angaben. Nach dem digitalen US-Wahlkampf stellen sich auch die deutschen Wahlstrategen auf einen unerbittlichen Kampf um Mehrheiten im Netz ein. Welche Technologien wollen sie nutzen, wofür nehmen sie Geld in die Hand? Ein Ausblick auf den digitalen Wahlkampf 2017.


CDU/CSU: Grundsätzliche
Positionierung gegen Fake-News

Im digitalen Wahlkampf der Union dürfte der Kampf gegen Fake-News eine zentrale Bedeutung bekommen. Dafür tritt CDU-Generalsekretär Peter Tauber ein. „Gerade Fake-News und Hacker-Angriffe – insbesondere die gezielte Veröffentlichung von ‚erbeuteten‘ Informationen – können ein großes Pro­blem für unsere demokratische Debattenkultur werden“, schreibt er in einem Gastbeitrag für „Zeit Online“. Zu den Strategien für den aktuellen Wahlkampf gibt sich die Partei noch verschlossen. Beate Preuschoff, Sprecherin der CDU: „Für Informationen über Details unserer Kampagne zum Bundestagswahlkampf ist es zu früh.“ Die CSU setzt bisher vor allem auf bekannte Gesichter. Auf Facebook verbreitet die Partei Zitate und Stellungnahmen von Parteichef Horst Seehofer und Generalsekretär Andreas Scheuer. Scheuer ist selbst in den sozialen Netzwerken aktiv.


SPD: Google-Werbung während
der TV-Duelle

„Der Online-Wahlkampf ist inzwischen ins Herz der Kampagne und in alle Bereiche unserer Arbeit gerückt“, sagt Tobias Nehren, Leiter der Digitalkampagne der SPD. Facebook ist auch für die SPD dabei der wichtigste Kanal. „Indem wir organisch erfolgreiche Beiträge bewerben, steigern wir die Reichweite unserer Posts auf Facebook.“ Experten unterscheiden zwischen bezahlter Reichweite und der organischen Reichweite. Auch sogenannte Google-Ads, gekaufte Werbeanzeigen, die bei Suchen auftauchen, will die SPD im Wahlkampf einsetzen. „Bei den TV-Duellen zwischen Merkel und Steinbrück 2013 haben wir sehr innovativ mit Rapid-Response und Google-Ads gearbeitet“, so der Wahlstratege. Als es in dem Schlagabtausch der Spitzenkandidaten zum Beispiel um den Mindestlohn ging, ließ die SPD bei den Suchanfragen zeitweise Werbung speziell zum Schlagwort schalten, die Nutzer direkt auf die Themenseiten der Partei leitete.


Die Grünen: Kükenschredder-Fotos nur für Tierschützer

Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen, sagt, dass mittlerweile ein großer Teil des gesamten Wahlbudgets in den digitalen Wahlkampf fließe. „Wir bieten unsere Inhalte da an, wo die Leute sind.“ Das bedeutet: Vor allem in den sozialen Netzwerken, nicht über die Homepage. Dabei schneiden die Grünen ihre Inhalte spezifischer als andere Parteien auf Zielgruppen zu: „Botschaften zur Massentierhaltung können zum Beispiel gezielt an Bürger ausgespielt werden, die sich für Tierschutz interessieren“, sagt Heinrich. Facebook erlaubt es, Beiträge zum Beispiel nur an Freunde mit einem bestimmten Geschlecht, Interessen oder Bildungsgrad zu verschicken. Allerdings gebe es bei der gezielten Wähleransprache klare Grenzen: „Wir werden keine Datensätze und Profile kaufen oder miteinander verschneiden. Und wir werden unsere Kommunikation immer klar kenntlich machen.“


Die Linke: Freiwillige Genossen
für den digitalen Wahlkampf

Im Team von Thomas Lohmeier von den Linken sind neun Mitarbeiter. „Wir setzen außerdem darauf, dass sich uns noch freiwillige Genossinnen und Genossen anschließen“, sagt der Sprecher. Die Partei will wie die Konkurrenz potenzielle Wähler gezielt ansprechen. „Wir adressieren zum Beispiel unsere Facebook-Werbung vor allem an Leute, die Gewerkschaften gelikt haben oder Organisationen wie Pro Asyl.“ Geld will die Partei nicht nur in die Strategie für Facebook investieren, sondern auch für andere Dienste wie Twitter und Insta­gram.


FDP: Keine Illusionen über große Reichweiten

Rund 500.000 Euro beträgt das Budget, das die FDP für den digitalen Wahlkampf einplant. „In ausgewählten Fällen sponsern wir unsere Facebook-Beiträge. Es wäre eine Illusion anzunehmen, dass eine prägnante Forderung alleine ausreicht, damit ein Post durch die Decke geht“, sagt Sprecher Nils Droste. Zudem will die FDP in dem sozialen Netzwerk Wählergruppen gezielt ansprechen. „Themen wie Rechtsstaat, Bildung und Digitalisierung bieten sich an“, sagt Droste. Um mehr Facebook-Freunde zu gewinnen, schalten die Liberalen zudem Werbung für die eigenen Social-Media-Profile. „Auch Facebook- und Google-Werbeanzeigen spielen eine zentrale Rolle“, so der Sprecher.


AfD: Keine Social Bots und keine
gezielte Wähleransprache

„Wir verzichten darauf, unsere Inhalte nur an bestimmte Nutzer-Gruppen bei Facebook auszuspielen. Es geht uns um die Wirkung in der Breite“, sagt AfD-Sprecher Christian Lüth. Die AfD will im Bundestagswahlkampf nicht auf Software-Roboter setzen, die die öffentliche Meinung beeinflussen, sogenannte Social Bots. „Es wäre dumm, das Vertrauen der vielen Facebook-Fans mit solchen Maßnahmen zu verspielen“, so Lüth. Das soziale Netzwerk spiele für die Partei jedoch eine riesige Rolle, weil die AfD darüber auch viele vorige Nicht-Wähler erreiche. „Wir wollen uns vor allem durch eine offene Diskussion, die keine Tabuthemen kennt, von den anderen Parteien abheben.“