Berlin. Der Vizekanzler gibt sich bei seinem letzten Auftritt als Wirtschaftsminister sehr gelöst

Selten wurde die Präsentation eines Jahreswirtschaftsberichts, dessen Prognosen schon meist vorab bekannt sind, so sehnsüchtig erwartet: „Ich habe gewusst, Sie freuen sich“, scherzte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zu Beginn der Pressekonferenz. „Es ist alles so eindeutig, ich muss keine Fragen beantworten.“

Worauf er das genau bezieht, lässt der SPD-Politiker nach dem Überraschungscoup von Dienstag offen. Doch es gibt Fragen. Etwa die, warum er die verbliebenen Monate bis zur Bundestagswahl im September nicht im Amt des Bundeswirtschaftsministers bleibt, sondern in das Auswärtige Amt wechseln will. Das sei eine berechtigte Frage, „aber das Auswärtige Amt mussten wir nun mal besetzen“. Unter seiner Nachfolgerin, der bisherigen Staatssekretärin Brigitte Zypries, sei Kontinuität garantiert. Er habe als Wirtschaftsminister alles umgesetzt, was er sich vorgenommen habe, besonders in der Energiepolitik, zieht Gabriel zufrieden Bilanz. Nur die Mitarbeiter, die werde er vermissen.

Der Noch-Minister konnte zum Abschluss seiner Zeit an der Spitze des Wirtschaftsministeriums positive Fakten vermelden: Die Bundesregierung sagt für dieses Jahr einen Job-Rekord voraus. Die Zahl der Erwerbstätigen werde sich nochmals um 320.000 auf mehr als 43,8 Millionen Menschen erhöhen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich bei 6 Prozent stabilisieren. Das Wirtschaftswachstum wird nach den Prognosen 2017 um 1,4 Prozent zulegen. 2016 war die Wirtschaftsleistung zwar noch um 1,9 Prozent gestiegen, den Rückgang in diesem Jahr begründet Gabriel vor allem mit einer geringeren Zahl von Arbeitstagen.

Die Wirtschaft sieht den Wechsel im Ministerium mit gedämpften Gefühlen: „Die Industrie erwartet einen reibungslosen Wechsel im Wirtschaftsministerium. Es bleibt viel zu tun in der Wirtschaftspolitik angesichts zunehmender globaler Risiken, um die Stärke der verwundbaren deutschen Industrie zu sichern“, so der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber. Nachfolger von Zypries als Parlamentarischer Staatssekretär soll nach Informationen dieser Zeitung der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese werden.

Eine wirklich entscheidende Frage, die konnte Gabriel dann aber doch nur ausweichend beantworten: Warum er denn glaube, als Außenminister künftig mehr Zeit für seine Familie zu haben? Nun, setzt er an, er habe gelernt, dass „man als Außenminister öfter an Wochenenden zu Hause ist. Das habe ich in den letzten drei Jahren eher selten erlebt.“ Aber natürlich seien seine Entscheidungen vor allem politischer Natur gewesen. Seine Frau Anke wird da sehr aufmerksam zugehört haben.