Hamburg. Der Sozialdemokrat hat nichts gewonnen – aber auch nichts verloren in dieser Runde

Es gibt härtere Schicksale als das eines Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg. Das gilt besonders, wenn man Olaf Scholz heißt, die Elbphilharmonie gerade eröffnen durfte, mit den Grünen einen pflegeleichten Koalitionspartner hat und in Umfragen kurz vor der absoluten Mehrheit steht. Dass der politische Ehrgeiz des Sozialdemokraten weit über die Stadtgrenzen hinausreicht, ist bekannt. Dem Mann, der den Stadtstaat seit 2011 regiert, fehlt es wahrlich auch nicht an Selbstbewusstsein.

Es gefiel Scholz, der eher den etwas herben hanseatischen Charme versprüht, daher durchaus, dass er in den zurückliegenden Monaten nicht nur von eigenen Parteifreunden als geeignet für das Amt des Kanzlers angesehen wurde. Aber Scholz ist kein Träumer, sondern Realist und Pragmatiker. So weiß er, dass sich die Beliebtheit und der Respekt, die er in Hamburg genießt, nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen lassen. Realist zu sein, heißt auch, die Wahlchancen der SPD nüchtern zu analysieren. Es sieht nun einmal nicht besonders gut für die SPD aus, die in Umfragen bei 20 Prozent dümpelt. Etwas härter ausgedrückt: Der SPD fehlt 2017 die Machtperspektive. Und in aussichtslose Rennen pflegt dieser Sozialdemokrat jedenfalls freiwillig nicht zu gehen.

Lange hatte Scholz mantrahaft wiederholt, dass Sigmar Gabriel als Parteichef den ersten Zugriff habe und auch ein guter Kanzlerkandidat wäre. Lange war Scholz auch davon überzeugt, dass Gabriel, nachdem er 2013 Peer Steinbrück den Vortritt gelassen hatte, nun „springen“ müsse. Als in den zurückliegenden Wochen aber immer klarer wurde, dass Gabriel erst zögerte und dann nicht wollte, arbeitete Scholz gemeinsam mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an einer Gesamtlösung, die die Partei nicht zerfetzen soll.

Die Kür von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten 2017 und seine absehbare Wahl zum Parteichef bedeuten für Scholz, dass er in der Tat nichts gewonnen hat. Aber der Hamburger Bürgermeister hat auch nicht oder nichts verloren. Scholz bleibt in Hamburg unangefochten im Amt – eine Aufgabe, die er durchaus mit Hingabe und Begeisterung erfüllt. Seine politische Bedeutung innerhalb der Bundes-SPD wird in den kommenden Jahren eher noch wachsen. Und wer weiß, vielleicht ist er 2021 der Kanzlerkandidat der Stunde.

Er hätte dann noch nicht das Rentenalter erreicht, wie er gern sagt. Olaf Scholz kann warten.