Berlin.

Einen Tag vor der Vereidigung von Donald Trump bekam die Kanzlerin einen überaus freundlichen Anruf aus dem Weißen Haus. Der scheidende Präsident Barack Obama war am Telefon, bedankte sich für die Zusammenarbeit und Freundschaft und lobte Angela Merkel für ihre „starke, mutige Führung“. Es war das letzte Telefongespräch des Präsidenten mit einem ausländischen Staats- und Regierungschef – eine besondere Geste.

Der herzliche Abschied wirft ein grelles Licht auf Merkels neue Probleme: Auf Obama folgt mit Trump ein mindestens unberechenbarer Präsident, der im Wahlkampf böse über die Kanzlerin hergezogen war und in Berlin Zweifel an der Zukunft der transatlantischen Beziehungen geweckt hat. Merkel zwischen zwei Präsidenten: Nach der Freundschaft mit dem alten steht ein frostiges, distanziertes Verhältnis zum neuen Amtsinhaber bevor. Doch im Kanzleramt warnt man vor zu viel Pessimismus: Nötig sei „strategische Geduld“, die Bundesregierung werde auf die Regierung von Trump zugehen, sagt Merkels außenpolitischer Berater Christoph Heusgen. Und der Regierungskoordinator für die US-Beziehungen, Jürgen Hardt (CDU), berichtet nach Gesprächen in Washington von großem Respekt der Republikaner für Merkel – das Verhältnis zu Trump müsse nicht zwangsläufig schlecht sein. Die neue US-Administration werde die enge Zusammenarbeit fortsetzen. In Merkels Umfeld wird daran erinnert, dass auch die Beziehung zu Obama am Anfang schwierig und ruppig war, in vielen Sachfragen lagen sie über Kreuz. Am Ende wurde es enge Partnerschaft. Ein Modell für Trump? Dagegen spricht die Verstimmung auf persönlicher Ebene: Im Wahlkampf hat Trump Merkels Flüchtlingspolitik als „geisteskrank“ und „Desaster“ bezeichnet. Merkel wiederum hat nach Trumps Wahl die Zusammenarbeit selbstbewusst an die Bedingung geknüpft, dass demokratische Werte eingehalten werden – eine Lektion, die in Washington für Aufsehen sorgte. Politisch hat sich die Bundesregierung längst auf neue Zeiten eingestellt: Deutschland müsse international mehr leisten, sagt Merkel-Berater Heusgen. Die Zahl der Auslandseinsätze der Bundeswehr werde sicher steigen, die Verteidigungsausgaben auch. Merkel wartet ab, sie will sich nicht provozieren lassen, ihre Strategie ist klar: „Wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand.“ Für den Freihandel will die Kanzlerin notfalls in die offene Schlacht ziehen. Merkel setzt aber darauf, dass der US-Präsident auf verlässliche, Partner angewiesen ist.

Ein erstes Telefongespräch der beiden soll trotz allem freundlich gewesen sein. Hinter den Kulissen wird an ihrer ersten persönlichen Begegnung gearbeitet, die viel früher stattfinden soll als bislang erwartet: Nicht erst im Juli beim G20-Treffen in Hamburg, sondern „deutlich vor Mai“ wollen sich Trump und Merkel treffen, berichtet Hardt. Wie das wohl wird? „Die Kanzlerin wird ihn in Ruhe analysieren und dann zu nehmen wissen“, sagt ein Vertrauter. „Sie hat in der Politik genug Erfahrungen mit schwierigen Männern gesammelt.“