Istanbul.

Seit 17 Tagen war er auf der Flucht, Tausende Polizisten suchten ihn. Am späten Montagabend war die Jagd zu Ende: In einer Wohnung im Istanbuler Stadtteil Esenyurt überwältigten die Fahnder den Attentäter, der Silvester im Nobel-Nachtclub „Reina“ 39 Menschen erschossen haben soll, darunter zwei Deutsche. Jetzt sucht die Polizei nach weiteren Hintermännern.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich nach Angaben des Istanbuler Gouverneurs Vasip Sahin um Abdulkadir Mascharipow. Er sei 1983 in Usbekistan geboren, in Afghanistan als Terrorist ausgebildet worden und vermutlich im Januar 2016 illegal in die Osttürkei gekommen. Mascharipow, dessen Fingerabdrücke in dem Club gefunden wurden, habe die Tat gestanden. Es sei klar, dass er sie im Auftrag des „Islamischen Staats“ (IS) ausgeführt habe, so Sahin. Der IS hatte sich zu dem Attentat bekannt und ihn als Vergeltung für den türkischen Militäreinsatz gegen die Dschihadisten in Syrien bezeichnet.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan lobte die „erfolgreiche Operation unserer Sicherheitskräfte“ und erklärte: „In diesem Land kommt niemand mehr mit seinen Taten ungeschoren davon.“ Jeder werde innerhalb der Grenzen des Rechtsstaats zur Verantwortung gezogen. Premierminister Binali Yildirim sagte, er hoffe, die Vernehmungen des Täters würden zeigen, welche „Kräfte“ hinter dem Anschlag standen. Zuvor hatte Vizepremier Numan Kurtulmus erklärt, es gebe Anhaltspunkte, dass der Anschlag mithilfe eines ausländischen Geheimdienstes geplant wurde.

Bereits kurz nach der Tat hatten die türkischen Behörden ein Fahndungsfoto des mutmaßlichen Täters veröffentlicht. Es stammte aus einem Selfie-Video, das der Verdächtige vor dem Attentat auf dem Istanbuler Taksim-Platz aufgenommen hatte. An der Suche seien zeitweilig rund 2000 Polizisten beteiligt gewesen, berichteten türkische Medien. Es war eine der größten Fahndungsaktionen in der jüngeren Geschichte des Landes. 2200 Hinweise aus der Bevölkerung und 7200 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras seien im Laufe der Fahndung ausgewertet, 152 Wohnungen durchsucht und 50 Verdächtige festgenommen worden, sagte Gouverneur Sahin. Man habe fünf Wohnungen ausfindig gemacht, in denen sich der Flüchtige zeitweilig versteckt hielt.

Die Polizei habe Mascharipow vor der Festnahme mehrere Tage beschattet, um Verbindungen zu möglichen Komplizen aufzudecken, hieß es im Fernsehsender NTV. Als die Fahnder das Apartment stürmten, habe der Verdächtige noch versucht, sich unter einem Bett zu verstecken. Gemeinsam mit Mascharipow wurden in der Wohnung ein Iraker sowie drei Frauen aus Ägypten, dem Senegal und Somalia festgenommen. In der Wohnung fand die Polizei rund 197.000 Dollar in Bargeld, zwei Pistolen und zwei Drohnen. Auch Mascharipows vierjähriger Sohn soll sich in dem Apartment aufgehalten haben. Er wurde in die Betreuung der Sozialbehörden gegeben.