Washington. Geheimdienstreport belegt Moskaus Einmischung in Wahlkampf. Der künftige Präsident hat das bezweifelt

Wenn der US-Geheimdienst NSA richtig mitgehört hat, dann herrschte am 9. November in Moskau über den Wahlausgang in Amerika überschwängliche Krimsekt-Laune. Dass mit Donald Trump ein erklärter Putin-Schmeichler die in Moskau wenig geschätzte Hillary Clinton aus dem Rennen geworfen hatte, bezeichneten Regierungsfunktionäre als „geopolitischen Sieg“ und gratulierten sich selbst zu einer gelungenen Einmischung in den demokratischen Wahlprozess des Klassenfeindes.

„Mittelsmänner zwischen dem Kreml und Wikileaks“

So steht es nach Recherchen der „Washington Post“ und des TV-Senders NBC in einem 50-seitigen Bericht, über den drei Topvertreter der US-Geheimdienste Trump am Freitag informierten. Einziges Ziel: den 70-Jährigen endlich davon zu überzeugen, dass russische Computerhacker, gelenkt von Präsident Wladimir Putin, durch Datendiebstähle bei den US-Demokraten den Wahlausgang zugunsten Trumps beeinflussen und die Wahl als solches durch Desinformation in Misskredit bringen wollten. Der Anlass ist einzigartig: Trump glaubt bisher partout nicht, was nach Überzeugung des scheidenden Geheimdienst-Koordinators James Clapper beweisbar ist: Russische Akteure haben die erbeuteten Digital-Daten über verschlungene Wege der Enthüllungsplattform Wikileaks zugeschanzt. Die dort veröffentlichten Korrespondenzen von Clinton-Vertrauten haben nicht das Wahlergebnis bestimmt, aber das öffentliche Klima für Clinton eingetrübt.

Was bisher fehlte in diesem seit Wochen Schlagzeilen schreibenden Polit-Krimi, sind öffentlich einsehbare Beweise. Trump machte sich das Manko zunutze. Er nahm Putin-Russland in Schutz und nährte die These, es könnten die Chinesen gewesen sein. Oder ein „übergewichtiger Computer-Freak in New Jersey“. Moskau spiegelte diese Haltung eins zu eins. Kremlsprecher Dmitri Peskows Standarddementi lautete: „Wir waren es nicht.“

Trumps Strategie ging in dieser Schlacht um die Deutungshoheit oft unter. Der selbstverliebte Geschäftsmann weiß, dass sein politischer Kredit begrenzt ist. Hillary Clinton hat drei Millionen Stimmen mehr bekommen. Frisst sich der Verdacht weiter ins öffentliche Bewusstsein, dass von Putin gedungene Digital-Diebe Trump indirekt über die Schwelle zum Sieg verholfen haben, steht die Glaubwürdigkeit des 70-Jährigen von Tag eins an im Treibsand. Dass der künftige Commander-in-Chief das unter Ronald Reagan noch als „teuflisches Imperium“ bezeichnete Russland trotz Krim-Annexion und Ukraine-Intervention für vertrauenwürdiger hält als NSA, CIA, FBI & Co., hat Wunden hinterlassen. James Clapper, seit einem halben Jahrhundert für die nationale Sicherheit Amerikas tätig, sagte bei einer Anhörung im Senat, dass gesunde Skepsis gegenüber den Befunden seiner Leute in Ordnung sei, „Verunglimpfung“ aber nicht.

Die Elite der konservativen Sicherheitspolitiker, die Senatoren Lindsay Graham und John McCain, sprangen Clapper uneingeschränkt bei.

Beide riefen Trump dazu auf, sich nicht länger auf falsche Allianzen einzulassen. Trump hatte Wikileaks-Gründer Julian Assange auf der Basis eines Interviews des übel beleumundeten Trump-Propagandisten Sean Hannity (Fox News) zuvor in den Stand eines Kronzeugen gegen die Geheimdienste erhoben. Assange, der sich in der Londoner Botschaft Ecuadors vor strafrechtlicher Verfolgung wegen eines mutmaßlichen Sexualdelikts verschanzt, hatte darin behauptet, Russland sei nicht die Quelle für das Anti-Clinton-Material.

Trump verstärkte die Botschaft unkritisch über Twitter, angeblich um seine 18,5 Millionen Anhänger „zu informieren“. Clapper und NSA-Chef Mike Rogers sagten, Assange besitze keine Glaubwürdigkeit. US-Stellen haben nach eigenen Angaben die Mittelsmänner dingfest gemacht, die zwischen Wikileaks, dem russischen Geheimdienst GRU und dem Kreml mit den sensiblen Daten zulasten Clintons hantierten.

„Werden diese Namen öffentlich, muss Trump seine Position räumen“, sagt der Geheimdienstexperte John Schindler. Ob es dazu kam, ist unbekannt. Trump bezeichnete das Treffen am Abend als „konstruktiv“ und kündigte binnen 90 Tagen ein Aktionsprogramm gegen feindliche Angriffe im Internet an. Eine klare Wertung kontra Moskau vermied der Geschäftsmann. Trump stellte allerdings heraus, dass die von CIA & Co. geschilderten Cyber-Angriffe keinerlei Einfluss auf seinen Wahlsieg gehabt hätten.