Seeon.

Von der Obergrenze will CSU-Chef Horst Seehofer nicht lassen. Er hält an Forderung und fester Zielmarke fest: 200.000 Flüchtlinge im Jahr. Für die Hartnäckigkeit hat er fünf Gründe. Bayerns Ministerpräsident ist überzeugt, dass die Zuwanderung begrenzt werden muss. Es ist eine Frage der Kapazitäten – der Zahl der Jobs, Wohnungen, Schulplätze, der Integrationskurse – und der Akzeptanz. Für ihn selbst ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Seehofer will sich, drittens, keine Schwäche im Machtkampf mit Finanzminister Markus Söder (CSU) erlauben. Söder will ihn beerben und würde die Chance nutzen, Seehofer in der Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu überbieten. Der vierte Grund ist die AfD. Die CSU hört gern, dass die Kanzlerin zur AfD abgewanderte Wähler zurückgewinnen will. Allein, der Glaube fehlt. „Merkel will in den Nebel nicht rein“, sagt ein hoher CSU-Politiker. Der entscheidende Grund ist, dass der Dissens der Partei nicht schaden muss. Sie pflegt seit Jahrzehnten ihre Sonderstellung. Sie ist häufig mit Forderungen in den Wahlkampf gezogen, die der CDU ungelegen kamen, zuletzt mit der Maut. Die „Obergrenze“ mobilisiert den größten Teil der eigenen Anhänger.

CSU-Spitze hält de Maizièrefür ein „Problem“

Dessen ungeachtet werden einige nervös. Die Chefin der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, meidet den Begriff. Andere wie die Innenpolitiker Armin Schuster (CDU) und Stephan Mayer (CSU) sinnieren über Kompromissformeln. Seit Langem werben sie für einen „atmenden Deckel“, für eine flexible Begrenzung. Schuster und er haben der Kanzlerin und Seehofer sogar einen Brief geschrieben. Das Schreiben ging ein, wurde gelesen und zu den Akten gelegt. Monate vergingen – ohne Antwort.

Der Ministerpräsident machte auf der CSU-Klausur in Kloster Seeon klar, dass er an der Obergrenze festhält. Der „atmende Deckel“ ist kein Erfolg, allenfalls ein Lacherfolg, „Ich habe leider noch nie in meinem Leben einen atmenden Deckel erlebt“, spottete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Dass die Forderung schon zum geplanten Treffen beider Parteiführungen Anfang Februar fallengelassen wird, ist nahezu ausgeschlossen. Bleibt die Zahl der Flüchtlinge hoch, wird die Obergrenze vielmehr zum Selbstläufer. Sinkt sie, kann Seehofer sie sich im Falle eines Wahlsiegs bei Koalitionsverhandlungen abhandeln lassen, zum Beispiel gegen die Abschaffung der Solidarzuschlags.

Eine Möglichkeit wäre, aus einer Kann- eine Soll-Regelung zu machen oder die Obergrenze auf die nächste höhere Ebene zu heben: Die österreichische Regierung hat eine Initiative für eine Obergrenze auf EU-Ebene angekündigt. Das sei „interessant“, befand Has­selfeldt, „durchaus diskussionswürdig“.

Dass Seehofer die prägende Figur der CSU bleibt, daran gibt es in der Landesgruppe keine Zweifel. Nicht wenige gehen davon aus, dass er 2018 wieder als Ministerpräsident antritt, aber 2017 nicht für den CSU-Vorsitz kandidiert. Als künftiger Chef der Landesgruppe (Hasselfeldt hört auf) wird Verkehrsminister Alexander Dobrindt gehandelt – und Herrmann wiederum für das Innenministerium. In der CSU-Spitze hält man den Amtsinhaber Thomas de Maizière für ein „Problem“.

Auf Dobrindt oder Herrmann laufen wohl die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl und der CSU-Vorsitz zu. Ein CSU-Chef Herrmann hätte einen Vorteil: Er ist Franke – wie Söder. Zwei Franken an der Spitze, das hat es aber nie gegeben. Und wird es nicht geben.