Washington.

Es ist vielleicht die größte Ironie der US-Präsidentschaftswahlen. Ein 70-Jähriger, der keine E-Mails schreibt und im Computer-Zeitalter bei vertraulichen Botschaften auf Brief-Kuriere setzt, hält mit 140 Zeichen langen Kurzmitteilungen Tag für Tag die Welt in Atem. Mal sind es die heimischen Rüstungsriesen, denen Donald Trump via Twitter wegen hoher Preise für Kampfjets auf die Füße steigt. Dann muss sich die Autoindustrie anhören, dass sie auf heimischen Boden zu produzieren hat – andernfalls: Strafzölle. Mal kriegt Noch-Amtsinhaber Obama eine Breitseite ab, weil der in letzter Minute noch Pflöcke einrammen will. Dann sind es plötzlich die Chinesen, denen Trump Untätigkeit im Konflikt mit Nordkorea vorwirft.

Mit seiner Neigung, Meinungen und Entscheidungen nicht über herkömmliche Kommunikationswege wie Pressekonferenzen unters Volk zu bringen, hat der New Yorker Unternehmer die US-Medien in Bedrängnis gebracht. Ernst nehmen? – lautet dort die Frage, oder ignorieren? Letzteres fällt bei 18,5 Millionen Followern, die Trumps Botschaften in Echtzeit aufs Smartphone bekommen, schwer. Mitunter gelingt es dem künftigen Präsidenten, an einem Tag mit drei verschiedenen Botschaften Fernsehen, Zeitungen und Internetdienste auf Trab zu halten. Und Trump kennt dabei keine Schamgrenzen.

Unlängst lobte er sich selbst für den Anstieg im Geschäftsklima-Index. In seinen Neujahrsgruß baute er ausdrücklich auch seine „Feinde“ ein, die nicht für ihn gestimmt haben und nun nicht mehr ein noch aus wüssten. Jüngstes Ziel seiner Rundumschläge, die laut Fakten-Checkern selten mit der Wahrheit übereinstimmen, wurden die eigenen Geheimdienste. Trump deutet allen Ernstes an, dass CIA, NSA und Co. hinter den Kulissen gerade „einen Fall konstruieren“, um Russland Cyber-Attacken auf die US-Wahl anzuhängen. Ein Affront ohne Beispiel. Weitere werden mutmaßlich folgen.