Kopenhagen.

Dänemarks Rechtspopulisten und ihr Vorsitzender Kris­tian Thulesen Dahl stehen vor einem Problem, das bislang nur den etablierten Parteien bekannt war. Ihnen laufen die Wähler davon. In Umfragen hat die Dänische Volkspartei (DF) mit rund 15 Prozent rund ein Viertel der Stimmen im Vergleich zur letzten Parlamentswahl verloren.

Ein seit Oktober schwelender Skandal um die Veruntreuung von EU-Geldern hat die Partei tief erschüttert. „Es ist das erste Mal in ihrer Bilderbuchgeschichte, dass die DF in einer wirklichen Krise steckt. Und ein Ende ist nicht richtig absehbar“, sagt Kasper Möller Hansen, Professor für Staatswissenschaften an der Universität Kopenhagen, dieser Zeitung.

Die erst 1995 gegründete einwanderungskritische Partei wuchs schnell. Von 2001 bis 2011 stützte sie bürgerliche Minderheitsregierungen und machte Dänemarks Ausländerpolitik zu einer der schärfsten in Europa. Sozialdemokraten und bürgerliche Parteien versuchten vergeblich, mit einer restriktiveren Ausländerpolitik Wähler zurückzuholen. Bei den Europa-Wahlen 2014 wurde die DF mit 26,6 Prozent stärkste Kraft. Seit den nationalen Wahlen 2015 stützt die DF wieder eine bürgerliche Minderheitsregierung. Allerdings verfügt sie nun mit 21,1 Prozent erstmals über mehr Sitze als die größte bürgerliche Partei Venstre von Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen. In die Regierung will sie dennoch nicht, um ihren Außenseiterstatus nicht zu verlieren.

Vor allem dem Charisma und der Wortgewandtheit des Spitzenpolitikers Morten Messerschmidt hat die DF ihre Erfolge und nun auch ihren Fall zu verdanken. Der als „Stimmenmagnet“ bezeichnete Sohn einer Arbeiterfamilie konnte mit Themen wie dem Stopp von Transferleistungen an EU-Ausländer beim rechten Stammpublikum punkten. Gleichzeitig vermied er es dabei, zu radikal zu wirken, und rückte seine Partei zusammen mit Thulesen Dahl behutsam in die Mitte und in der Sozialpolitik weit nach links. „So zog die DF auch Wähler an, die sich von den nach rechts gerückten Sozialdemokraten im Stich gelassen fühlten“, sagt Staatswissenschaftler Möller Hansen.

Messerschmidt wollte auch im EU-Finanzsumpf aufräumen. „Wenn die Europäer das ganze Ausmaß der schamlosen Geldverschwendung kennen würden, würde es eine Revolution geben“, polterte Messerschmidt noch 2012. Im Oktober musste er dann den Parteivorstand verlassen, weil er in die Veruntreuung von EU-Geldern verwickelt ist. Bislang ist nur bekannt, dass die DF unter seiner Regie Gelder aus Brüssel für die europäische Parteiorganisation heimlich für Aktivitäten der dänischen Parteiorganisation nutzte, etwa für eine Segeltour während der Kommunalwahlen. Die Ermittlungen dürften sich noch lange hinziehen. „Diese Doppelmoral haben die Wähler der Partei sehr übel genommen“, sagt Möller Hansen.

Ende September bildete sich dann auch noch die neue Partei Neue Bürgerliche (NB). Sie hat sich auf Ausländerfragen eingeschossen und befürwortet ansonsten eine bürgerliche Politik. Die charismatische Vorsitzende Pernille Vermund wirft der DF erfolgreich vor, eine lasche Einwanderungspolitik zu betreiben. Die DF sei nur noch eine eta­blierte Partei unter vielen, so ihr Tenor. Seit ihrer Gründung kommt die Neue Bürgerliche laut Umfragen über die Sperrklausel des Parlaments von zwei Prozent. „Es gibt nun einen Wer-ist-härter-Wettkampf in Ausländerfragen. Den gab es auch zuvor. Da allerdings zwischen der DF und den gemäßigteren Parteien“, sagt Möller Hansen.