Berlin.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Unternehmen wie Facebook und Google dazu aufgerufen, konsequent gegen gezielte Desinformation im Internet vorzugehen. Es sei im eigenen Interesse der sozialen Netzwerke, dabei „einen gewissen Ehrgeiz“ zu entwickeln, sagte Juncker dieser Redaktion. Schließlich sei Glaubwürdigkeit ihr wichtigstes Kapital. Er erinnerte an die Selbstverpflichtung sozialer Medien, Standards einzuführen, mit denen Manipulationen – etwa in Wahlkämpfen – verhindert werden können. „Wir werden genau prüfen, wie das umgesetzt wird“, sagte der EU-Kommissionspräsident.

Politiker diskutieren derzeit über Maßnahmen im Kampf gegen Falschmeldungen im Internet. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag denken darüber nach, Plattformen wie Facebook gesetzlich zu verpflichten, eine Rechtsschutzstelle einzurichten, an die sich Betroffene wenden können. Geplant sind zudem strengere Löschfristen. Unionspolitiker fordern, gezielte Desinformationen zur Destabilisierung eines Staates unter Strafe zu stellen. Das Bundesinnenministerium erwägt offenbar ein „Abwehrzentrum gegen Desinformation“, wie der „Spiegel“ meldet.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, beim Gesetzgeber und in der Rechtsprechung gebe es Handlungsbedarf. Bei jeder Art von gesetzlicher Vorgabe, Kontrolle oder Strafandrohung müsse aber das Risiko von Zensur sorgfältig vermieden werden. Allerdings würden die Selbststeuerungsmechanismen des Netzwerks Facebook eindeutig nicht ausreichen, so Lammert. Dass es der Grünen-Politikerin Renate Künast als Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestags „nur nach erheblicher Akrobatik“ gelungen sei, Falschbehauptungen streichen zu lassen, beschreibe die Bedrohlichkeit der Lage.