Berlin. Neue rot-rot-grüne Regierung in Berlin legt erste Krise mit einer Überraschung bei

Der stasibelastete Berliner Staatssekretär Andrej Holm bleibt. Darauf einigten sich das rot-rot-grüne Regierungsbündnis nach dreieinhalb Stunden Krisengespräch. Am Freitagabend hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Spitzen von SPD, Linken und Grünen ins Rote Rathaus gerufen. Der Koalitionsausschuss traf sich zum ersten Mal, seit die Parteien den Koalitionsvertrag am 8. Dezember unterzeichnet hatten.

Dem Vernehmen nach hatten die Linken das Krisentreffen angeregt. Landeschefin Katina Schubert hoffte auf eine gemeinsame Linie der Koalition im Umgang mit Holm. Die scheint nun gefunden. Die Linken hielten ohnehin an Holm fest, ohne jedoch eine Garantie für seine Zukunft auszusprechen. Schubert sagte, man wolle die arbeitsrechtliche Prüfung des Vorgangs abwarten, das gebiete die Fairness gegenüber dem Betroffenen. Bei SPD und Grünen hatte sich zuletzt die Erkenntnis durchgesetzt, dass Holm nicht als Staatssekretär zu halten sein wird, dennoch entschieden sie sich in der Krisensitzung für Holm. Die Gründe waren bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht bekannt.

Die neue Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatte den Wissenschaftler zum Staatssekretär für Bauen und Mieten gemacht. Wesentliches Problem ist in erster Linie nicht Holms Tätigkeit als 18-Jähriger im Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ und in der Stasi-Bezirksverwaltung Berlin. Für Empörung sorgt, dass Holm 2005 falsche Angaben vor seiner Einstellung an der Humboldt-Universität gemacht hat und eine Stasi-Mitarbeit verneinte. Erst am Mittwoch gab er zu, dass er damals nicht die Wahrheit gesagt hatte. Man neige mittlerweile zu der Einschätzung, es habe dabei ein „Einstellungsbetrug“ vorgelegen, hieß es bei den Grünen. Dieses Delikt bezeichnet Falschaussagen eines Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, die zur Einstellung geführt hätten.

Der Regierende Bürgermeister Müller selbst vermeidet noch die harte Ansage an die Linken, um seine neue Rolle als Moderator in der Dreierkoalition nicht zu belasten. In der SPD aber ist der Unmut über die falschen Angaben des Staatssekretärs groß. „Nach den mir bekannten Tatsachen – hauptamtliche Mitarbeit beim MfS und Lüge im Lebenslauf – ist Herr Holm als Staatssekretär und politische Führungskraft für mich nicht tragbar“, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier.

Er forderte Holm zum Rücktritt auf. Berlins Ehrenbürger Wolf Biermann sagte am Freitag: „Es war ein Fehler, Andrej Holm zu berufen.“ Biermann äußerte sich im Roten Rathaus vor Journalisten anlässlich eines Essens zu seinem 80. Geburtstag.