Washington. Erneut attackiert der künftige US-Präsident ein Luftfahrtunternehmen. Kurs von Lockheed Martin bricht ein

Er ist noch gar nicht im Amt vereidigt. Aber er macht fortgesetzt – am liebsten über Twitter – Schlagzeilen, die sich in barer Münze auswirken. Der designierte US-Präsident Donald Trump hat sich nach Boeing am Montag den Flugzeug-Hersteller Lockheed Martin vorgenommen. Genauer dessen Vorzeigeprojekt – einen Tarnkappenbomber. „Das F-35-Programm und seine Kosten sind außer Kontrolle geraten“, schrieb Trump seinen 17 Millionen Abonnenten im Kurzmitteilungsdienst Twitter. „Nach dem 20. Januar können und werden Milliarden an Militär- (und anderen) Ausgaben eingespart werden.“ Weitere Details? Keine.

Die präsidiale Schelte blieb nicht ohne Wirkung. An der New Yorker Börse ging der Kurs von Lockheed zu Handelsbeginn um fast fünf Prozent nach unten. Ähnlich war es vor wenigen Tagen, als Trump das Finanzvolumen für zwei neue Präsidentenmaschinen vom Typ Air Force One von Boeing (knapp vier Milliarden Dollar) als zu hoch bezeichnet hatte. „Bestellung stornieren!“, twitterte er. Um sich später zu korrigieren: „Wir wollen, dass Boeing viel Geld verdient. Aber nicht so viel Geld.“

Im Fall F-35 sind die Dimensionen um einiges gewaltiger. Lockheed Martin hat mit der Regierung in Washington Verträge abgeschlossen, die bis zum Jahr 2070 für Entwicklung, Anschaffung, Betrieb und Wartung Kosten von geschätzt 1500 Milliarden Dollar erzeugen. Dafür liefert der Hersteller der Luftwaffe und der Marine rund 2500 Maschinen. Programm-Chef Jeff Babione sagte, dass man alle Anstrengungen unternehme, den Stückpreis von rund 100 Millionen Dollar auf 85 Millionen zu senken.

Für Lockheed Martin, geführt von Marillyn Hewson (61), ist der Kampfjet, der in der Version F-35B sogar senkrecht landen kann, ein langfristiger Umsatzbringer. Nach Angaben von Branchen-Kennern müssen in den kommenden 15 Jahren weltweit 2000 Kampfflieger ausgetauscht werden. Zu den F-35-Kunden des Rüstungskonzerns gehören neben den USA auch Japan, Australien, Italien, Dänemark, Holland, Norwegen, die Türkei, Süd-Korea und der wichtigste Verbündete im Nahen Osten: Israel.

Dort war gestern der scheidende Verteidigungsminister Ashton Carter zu Besuch, um die ersten zwei von insgesamt 50 F-35-Maschinen zu übergeben, die Tel Aviv erhalten soll. In Sicherheitskreisen wurde Trumps Twitter-Attacke darum als „gezielte Spitze“ gegen die noch wenige Wochen amtierende Regierung Obama gewertet. Und gegen die Gewinnmargen in der Rüstungsindustrie.

Trumps Interventionen sorgen unter Wirtschaftsexperten für Unruhe. „Die Märkte reagieren sehr sensibel, wenn Donald Trump sich zu Wort meldet“, hieß es beim Nachrichtendienst Bloomberg. Nicht nur dort geht man davon aus, dass der künftige Präsident Twitter noch des Öfteren so einsetzen wird „wie ein Schiedsrichter die Pfeife“.

Nächstes Opfer könnte wieder Boeing sein. Der Luftfahrt-Konzern hat just Vorverträge über 80 Passagier-Maschinen mit dem Iran abgeschlossen. Volumen: knapp 17 Milliarden Dollar. Laut Boeing würde die Order knapp 100 000 Arbeitsplätze sichern. Trump stößt sich seit Langem daran, dass Teheran nach dem umstrittenen Atom-Deal schrittweise von Wirtschaftssanktionen befreit wird.