Washington. Ärger um Aussagen des künftigen US-Präsidenten zu Taiwan. Ende der Ein-China-Politik befürchtet

Als Ari Fleischer von Donald Trumps historischem Telefonat mit Taiwans Staatspräsidentin Tsai Ing-wen erfuhr, war der frühere Sprecher von Präsident George W. Bush erschrocken: „Die Chinesen werden ausflippen.“ Taten sie aber nicht.

Die Reaktion aus Peking, das die Insel nicht als eigenständigen Staat betrachtet, sondern als abtrünniges Außenterritorium, fiel verhalten aus. Obwohl der designierte Nachfolger von Barack Obama mit der Kontaktaufnahme die fast 40 Jahre lang geübte diplomatische Zurückhaltung Washingtons gegenüber Taiwan de facto aufkündigte.

Seit Trump am Sonntag im US-Fernsehen nachgelegt hat und Amerikas Segen zu Chinas Alleinvertretungsanspruch gegenüber Taiwan von wirtschaftlichem Entgegenkommen der kommunistischen Regierung von Xi Jinping abhängig machte, ist die Stimmung im Riesenreich gekippt. Die Taiwanfrage berühre die „Souveränität“ Chinas, ließ das Außenministerium wissen und appellierte in Richtung Trump, „an der Ein-China-Politik festzuhalten“. Wer daran rüttele, so die Warnung aus Peking, gefährde das „gesunde und stetige Wachstum“ der beiderseitigen Beziehungen. Chinesische Staatsmedien wie die „Global Times“ verstärkten den Unmut. Taiwan sei „nicht verhandelbar“, Trump benehme sich wie ein „ignorantes Kind“. Sollte Washington Taiwans Unabhängigkeitsbestrebungen weiter unterstützen, könne sich Trump auf einen „regelrechten Sturm“ gefasst machen. Peking, so hieß es in dem Artikel, werde sich dann eventuell „Kräften“ zuwenden, die den Vereinigten Staaten gegenüber „feindlich“ eingestellt sind.

China-Experten in Washington versuchen sich einen Reim auf Trumps Motive zu machen. Der künftige Präsident hatte China im Wahlkampf permanent als Zielscheibe benutzt: „Hat China uns gefragt, ob es in Ordnung war, seine Währung abzuwerten, unsere Produkte in ihr Land mit hohen Zöllen zu belegen und einen massiven Militärkomplex ins Südchinesische Meer zu setzen? Ich glaube nicht!“

Über den Hebel Taiwan Zugeständnisse in der Handels-, Währungs- und Außenpolitik zu erzwingen, sagen Fachleute bei der Denkfabrik Brookings, „verrät Unkenntnis über die Bedeutung. Taiwan wird nicht zur Disposition gestellt.“ Bei der liberalen Organisation Cato heißt es: „Trump agiert wie immer als Geschäftsmann. Taiwan ist für China aber kein Geschäft.“

Dass Trump einen ausgefeilten China-Plan besitzt, glaubt niemand. „Dazu sind die Signale zu widersprüchlich.“ Zwei Beispiele: Die Nominierung des Gouverneurs von Iowa, Terry Brandstad, als US-Botschafter wurde in Peking als freundliche Geste aufgenommen. Brandstad kennt Chinas Präsident Xi seit 30 Jahren. Dagegen spielt Trumps Ankündigung, das transpazifische Freihandelsabkommen TPP zu stoppen, angeblich um Arbeitsplätze in den USA zu schützen, nach Ansicht von Wirtschaftsexperten Peking nur in die Hände.

Ob Trumps Kampfansage in Sachen Taiwan die Verhandlungsposition der USA stärkt? Henry Kissinger, ehemaliger Außenminister unter Nixon und Mit-Erfinder der „Ein-China-Politik“, gab sich am Wochenende reserviert. Man müsse Trump Zeit geben, seine Politik darzulegen – trotz „herausfordernder Verhaltensmuster“.