Berlin. Bericht der Bundesregierung zeigt Fortschritte bei der Integration

Auf dem Tisch vor der Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz liegt der telefonbuchdicke Lagebericht, 737 Seiten, ein Gratmesser in Tabellen und Statistiken – darüber, wie gut Integration funktioniert. 2015 und 2016 waren die Flucht-Jahre, Bilder von Lagern auf Lesbos und Idomeni füllen die Chroniken. Flüchtlinge kamen aus Syrien, Nigeria oder Afghanistan – doch fast die Hälfte aller Zugewanderten kam 2015 aus EU-Staaten: aus Polen, Italien, Griechenland, Rumänien.

In Deutschland leben 17,1 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund – fast zwei Millionen mehr als 2014. Jeder Zweite besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. „2016 sind wir bei der Teilhabe und Integration in Deutschland grundsätzlich auf einem guten Weg“, bilanziert Staatsministerin Özoguz (SPD). Bei den jungen Menschen unter 15 Jahre kommt jeder Dritte aus einer Einwandererfamilie – und immer mehr dieser Kinder besuchen eine Kita: 90 Prozent im Alter von drei bis sechs (97 Prozent bei den Kindern ohne Migrationsgeschichte). Schüler aus Zuwandererfamilien machen häufiger Abitur (17 Prozent statt 9 in 2010), brechen seltener die Schule ab.

Leicht gestiegen ist die Zahl der Kinder, die zu Hause vor allem die Heimatsprache ihrer Eltern sprechen – also Türkisch, Arabisch oder Polnisch. Und diese Kinder besuchen meist auch Kitas, die mehrheitlich auch andere Jungen und Mädchen besuchen, die zu Hause kein Deutsch sprechen. Özoguz warnt davor, dass diesen Kindern durch die Erziehung Vorbilder fehlen könnten: Kinder, die aus Zuwandererfamilien stammen – und schnell Deutsch lernen.

Der Bericht bekräftigt: Weiterhin hängt Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft der Eltern ab. Menschen aus Zuwandererfamilien sind zudem doppelt so häufig arbeitslos (14,1 Prozent) wie Personen ohne Migrationshintergrund. Oft werden ihre Ausbildungsabschlüsse aus der Heimat nicht in Deutschland anerkannt, ihre Berufserfahrung ist geringer oder liegt länger zurück. Doch gilt auch: Wer keinen deutschen Namen hat, wird bei Bewerbungen noch immer diskriminiert.

Integrationsbeauftragte Özoguz warnte außerdem vor einer „rauen Stimmung“ beim Thema Zuwanderung, das sehr durch die Asyldebatte bestimmt sei. Auf 35 Seiten geht der Bericht auf Ausgrenzung und Rassismus ein. Was der Bericht ausspart, ist die Gefahr für eine erfolgreiche Integration, die vom Islamismus ausgeht: Salafisten, die eine radikale Ideologie verbreiten und Feindbilder zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen aufbauen. Der Lagebericht verweist lediglich auf die Bundesprogramme, mit denen der Kampf gegen Extremismus gefördert werde – etwa 45 Modellprojekte zur Radikalisierungsprävention, wie Özoguz hervorhebt.