Kairo/damaskus. Die syrische Armee hat einen Großteil der Rebellengebiete zurückerobert. Der Einfluss der Regimegegner schwindet

Syriens Diktator Baschar al-Assad zeigt sich siegessicher. Die Rückeroberung Aleppos sei ein „großer Schritt“, um den mehr als fünfjährigen Bürgerkrieg zu beenden, jubelte er in einem Interview mit der Staatszeitung „Al-Watan“. Nach dieser Niederlage hätten die Opposition und ihre Unterstützer „keine Karten mehr in der Hand“. Bereits 80 Prozent des Rebellengebietes in der nordsyrischen Handelsmetropole haben Assads Truppen in den vergangenen drei Wochen zurückerobert, zuletzt auch die Altstadt am Fuße der Zitadelle.

Die Rebellen kontrollieren nur noch wenige Enklaven, ihre Einheiten befinden sich in Auflösung und stehen kurz vor der Kapitulation. „Die Lage ist apokalyptisch“, erklärte ein Aktivist gegenüber CNN. Nach seinen Angaben drängen sich 200.000 Menschen in den verbliebenen Rebellenbezirken, weil sie fürchten, vom Regime festgenommen und gefoltert zu werden. Augenzeugen zufolge durchkämmen syrische Truppen die zurückeroberten Straßen und führen Männer im wehrfähigen Alter ab. Die Überlebenden berichten von grauenhaften Zuständen. Komplette Häuserzeilen sind Trümmerwüsten.

Am Donnerstag verkündete der russische Außenminister Sergej Lawrow in Hamburg eine Feuerpause in Aleppo. Die syrische Armee habe ihre Angriffe unterbrochen, um etwa 8000 Zivilisten aus der Stadt zu bringen. „Das ist die jüngste und größte Aktion zum Abzug von Zivilisten aus Ost-Aleppo“, sagte er.

Diktator Assad erklärte, selbst wenn man mit Aleppo fertig sei, gehe der Krieg weiter, bis „der Terrorismus eliminiert ist“. Und so nehmen das Regime und seine schiitischen Hilfstruppen aus Hisbollah und Iran-gesteuerten Milizen bereits Idlib ins Visier, die letzte Hochburg der Aufständischen im Norden und zentrale Machtbasis der radikalen Al-Nusra-Front. Seit Tagen wird diese Stadt, die überquillt mit Flüchtlingen aus anderen Landesteilen, bombardiert. Denn Damaskus, Moskau und Teheran möchten das internationale politische Vakuum nutzen, was durch den Präsidentenwechsel in den USA und den Chefwechsel bei den Vereinten Nationen entstanden ist. Bis zum Frühjahr 2017 wollen sie auf dem syrischen Schlachtfeld unumkehrbare Fakten schaffen und die Rebellen als Streitmacht zerstören.

Gleichzeitig liegen sämtliche diplomatische und politische Initiativen auf Eis. Eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, in der eine einwöchige Feuerpause für Aleppo gefordert wird, wurde Anfang der Woche von Russland und China per Veto blockiert. Im Gegenzug verurteilten die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Kanada das syrische Regime und seine russischen Verbündeten für die humanitäre Katastrophe, die „sich vor unseren Augen abspielt“. Damaskus und Moskau würden jede humanitäre Hilfe blockieren und versuchten, mit ihren Angriffen auf Hospitäler und Schulen die Bevölkerung zu vernichten, hieß es in der Erklärung.

„Die Weigerung des syrischen Regimes, sich an einem ernsthaften politischen Prozess zu beteiligen, zeigt auch die – entgegen ihrer Zusicherung – fehlende Bereitschaft Russlands und Irans, für eine politische Lösung zu arbeiten“, heißt es in der Erklärung, die dem UN-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, das Vertrauen ausspricht. Der Diplomat hatte Anfang Oktober sogar angeboten, die etwa 800 Kämpfer der Al-Nusra-Front persönlich aus Ost-Aleppo zu evakuieren, um die Bevölkerung vor weiteren russischen und syrischen Massenbombardements zu bewahren. Doch das Regime in Damaskus ließ de Mistura eisern abblitzen.