Berlin/München.

Carsten Linnemann kann sich freuen. Der Chef der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU hat sich durchgesetzt und dem Leitantrag für den Parteitag der CDU seinen Stempel aufgedrückt – und das gleich doppelt. Im Ergebnis will die CDU nun für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl Steuererhöhungen „grundsätzlich“ ausschließen.

Den ersten Erfolg hatte der 39-jährige CDU-Wirtschaftspolitiker gelandet, als er in dem Leitantrag die Forderung unterbrachte, dass ein Drittel der künftigen Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen verwendet werden sollte. Das war Teil eines großen Steuerkonzepts, das Linnemann im Sommer vorgestellt hatte. Was Linnemann dann störte, war ein anderer Satz im Leitantrag. Dort stand, dass die CDU „die Steuerquote nicht erhöhen“ wolle. Das bedeutet, dass das Verhältnis von Steuereinnahmen zur Wirtschaftsleistung gleich bleiben soll. Damit bliebe aber zugleich Spielraum, einzelne Steuern zu senken und andere doch zu erhöhen, etwa die Einkommensteuer oder die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte damit für mehr steuerpolitische Flexibilität sorgen, als er in dieser Wahlperiode hatte.

Linnemann lehnt das aber ab. Die Union müsse sagen, wofür sie stehe und wofür nicht, forderte er und kündigte einen Antrag an, in dem der Satz steht: „Die CDU lehnt Steuererhöhungen ab“. Ganz so strikt kommt es nun offenbar nicht, aber in den Leitantrag soll der Satz aufgenommen werden: „Wir schließen Steuererhöhungen grundsätzlich aus, insbesondere die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Verschärfung der Erbschaftsteuer.“

Auch zur Rentenpolitik gibt es vor dem Parteitag Misstöne. Der Wirtschaftsrat der CDU, eine einflussreiche Vereinigung von parteinahen Unternehmern, kritisiert die jüngsten Rentenbeschlüsse der Koalition. „Mit der Mütterrente und der Rente mit 63 wurden bereits mehrere rote Ampeln überfahren“, sagte der Generalsekretär der Vereinigung, Wolfgang Steiger. Weitere Rentengeschenke ohne schlüssige Gegenfinanzierung belasteten die junge Generation. Nur durch eine längere Lebensarbeitszeit über den 67. Geburtstag hinaus sei „ein Kollaps des ganzen Systems“ zu verhindern. „Das Renteneintrittsalter muss deshalb fest an die Lebenserwartung geknüpft werden“, fordert Steiger. Ein Positionspapier des Wirtschaftsrats nennt als Beispiele die Länder Niederlande und Griechenland mit 69 Jahren Lebensarbeitszeit und Dänemark mit 72 Jahren. Gewarnt wird darin auch vor einer „Beitragslawine“, die die junge Generation überrolle. Steiger kritisierte die „Panikmache“ in der Rentendebatte. Die Renten seien an die Lohnentwicklung gekoppelt und hätten sich damit besser als die Preissteigerung entwickelt.

An einer anderen politischen Front, der Flüchtlingspolitik, ist hingegen vor dem Parteitag in Essen Ruhe eingekehrt. CSU-Chef Horst Seehofer vertagte einen neuen Vorstandsbeschluss mit der Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze am Montag kurzerhand auf das kommende Jahr. Er begründete dies damit, dass er das Papier noch einmal ergänzen wolle, nachdem ein junger Flüchtling im Verdacht steht, eine Studentin in Freiburg vergewaltigt und getötet zu haben. Dass das Vertagen mit dem anstehenden CDU-Parteitag zu tun habe, wies Seehofer zurück, sagte aber schmunzelnd, diese Deutung sei möglich. An der Forderung nach einer Obergrenze halten Seehofer und die CSU gleichwohl fest – ungeachtet des Widerstands von CDU-Parteichefin Angela Merkel.