Essen. Auf dem CDU-Parteitag will die Vorsitzende den Grundstein für die Wahlkämpfe des kommenden Jahres legen

Die Partei hält still. Alle sind froh, dass Angela Merkel weitermacht. In Essen wird sie sich am Dienstag zur CDU-Chefin wählen lassen. Auf dem Parteitag ist jedes Ergebnis über 90 Prozent gut, Merkels 96,7 Prozent von 2014 sind allerdings schwer wiederholbar. Weniger Positionen stehen im Vordergrund, sondern Personalien. Die Führung stellt sich zur Wahl. Gleichzeitig stimmen sich die Christdemokraten auf das Wahljahr 2017 ein, auf die Urnengänge im März im Saarland, im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, im Herbst im Bund. Die Startrampe für die Wahlkämpfer liegt in der Grugahalle, dort, wo die Kanzlerin vor 16 Jahren erstmals zur CDU-Chefin gewählt wurde.

Die 1001 CDU-Delegierten sind überwiegend Profis: Mandatsträger, Funktionäre. Von den 150 Anträgen aus der Partei beschäftigen sich nur wenige mit Merkels Flüchtlingspolitik, geschweige denn kritisch. Die Christdemokraten brauchen Merkel, die Kanzlerin hat schließlich bessere Umfragewerte als ihre Partei. Wenn es einen Unterschied zwischen der CDU und ihrer Hauptkonkurrentin, der SPD, gibt, dann ist es dieser unbedingte Wille, alles der Macht unterzuordnen.

Nach derselben Logik sollen sich die Führungen von CDU und CSU auf einer Klausur im Februar in München auf ein gemeinsames Programm einigen. Der Tiefpunkt in ihren Beziehungen war, als die CDU-Kanzlerin im November erstmals einem CSU-Parteitag fernblieb – so wie umgekehrt CSU-Chef Horst Seehofer jetzt in Essen.

Es erleichtert nun die Annäherung, dass die CDU in ihrem Leitantrag zur Flüchtlingspolitik vieles aufnahm, „was im vergangenen Jahr noch nicht selbstverständlich war“, wie Paul Ziemiak bemerkt. Der Chef der Jungen Union meint damit, dass sich die CDU und ihre Kanzlerin ehrlich machen. Im Leitantrag wird der Rückgang der Flüchtlingszahlen auch auf die Schließung der Balkan-Route zurückgeführt – und nicht nur auf das Abkommen mit der Türkei, wie Merkel lange Zeit argumentierte. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl schlägt nun den Bau von Rückführungszentren in Ägypten vor und will mehr abschieben, auch in Kriegsregionen wie Afghanistan.

Strobl ist einer von fünf Stellvertretern Merkels, der sich noch profilieren muss. Die anderen sind Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der Chef der NRW-CDU Armin Laschet, seine rheinland-pfälzische Kollegin Julia Klöckner und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Gesichert ist ihre Wiederwahl allemal, aber das Ergebnis ist eine Prestigesache und innerparteilich nicht trivial.

Ein neues Amt wird für Henning Otte geschaffen: Der Niedersachse soll Mitgliederbeauftragter werden. Wie die meisten Parteien kann die CDU die Abgänge durch Austritte und Sterbefälle nicht kompensieren. Seit Merkel im Jahr 2000 erstmals zur CDU-Chefin gewählt wurde, traten aber immerhin jedes Jahr fast 15.000 Menschen der CDU bei – es ist schon lange nicht mehr die Partei Helmut Kohls. Der Partei hat Merkel ihren Stempel aufgedrückt. Im Wahlkampf rechnet sie allerdings mit mehr Gegenwind denn je. CDU-Generalsekretär Peter Tauber mahnt, die Partei müsse ihre Überzeugungen „mit breiterem Kreuz vertreten – und mit mehr Mut“. Allein auf die Kanzlerin kommt es doch nicht an.