Washington.

Über Twitter maßregelt er seine Kritiker. Per Video-Botschaft macht er in 2 Minuten 37 Sekunden Politik mit weltweiten Konsequenzen: In seiner ersten offiziellen Wortmeldung seit der Wahl hat der designierte US-Präsident Donald Trump das Aus für die größte Freihandelszone der Welt verkündet. Am ersten Tag seiner Amtszeit werde er Mitte Januar den Rückzug Amerikas aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) anordnen, sagte Trump. Weil TPP als Blaupause für das mit Europa ausgehandelte TTIP-Abkommen gilt, ist ab sofort auch hier Stillstand programmiert.

In dem sieben Jahre lang verhandelten TPP-Abkommen hatte sich Amerika mit Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Mexiko, Chile, Peru, Vietnam, Malaysia, Brunei und Singapur auf einen Handelspakt geeinigt. Davon sollten 800 Millionen Menschen profitieren, die 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung erbringen.

Das maßgeblich von Präsident Obama vorangetriebene und im Frühjahr unterzeichnete Vertragswerk, das noch der Zustimmung einiger Parlamente bedarf, sollte nicht nur Zölle und Marktbarrieren senken. Auch gemeinsame Normen für Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte, grenzüberschreitenden Datenverkehr, Staatskonzerne und Schiedsgerichte waren vorgesehen. Vor allem sollte mit TPP verhindert werden, dass die Supermacht China die Regeln im internationalen Handelsverkehr bestimmt.

Donald Trump vollzieht nun wie im Wahlkampf versprochen die Rolle rückwärts. „TPP hätte katastrophale Folgen für die Arbeitsplätze in Amerika“, sagte er und kündigte den Abschluss einzelner Verträge mit anderen Ländern an. Seine Handlungsmaxime: „Amerika zuerst.“ Trump erklärte, dass die „nächste Generation von Produktion und Innovation“ in den Bereichen Stahl, Auto oder pharmazeutische Industrie in Amerika „Wohlstand und Jobs für amerikanische Arbeiter“ schaffen soll.

Trump macht sich bei seiner Notbremse im Fall TPP zunutze, dass der Argwohn gegenüber Freihandelsabkommen in den USA massiv gestiegen ist. Allgemein ist damit die Befürchtung verbunden, dass multinationale Konzerne ihren Profit maximieren, Arbeitnehmer im Wettlauf um Billiglöhne auf der Strecke bleiben. In der Asien-Pazifik-Region wurde Trumps Querschläger mit Enttäuschung registriert. Absehbar sei, dass Peking nun seine eigene Idee eines Wirtschaftsraums mit 16 Ländern, darunter Indien, Südkorea und Australien, forcieren werde.

In seinem Video kündigte Trump für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit darüber hinaus an, die Energiepolitik auf neue Füße zu stellen und die Kohleindustrie zu reaktivieren. „Ich werde die arbeitsplatzvernichtenden Restriktionen bei der Produktion von Energie abschaffen und dadurch viele Millionen gut bezahlter Jobs schaffen.“ Dazu soll Obamas „Clean Power Plan“ (Saubere Energie) gekippt werden.

Trump will auch die Zahl der Arbeitsvisa für Ausländer reduzieren. Missbrauchsfälle sollen härter geahndet, frei werdende Arbeitsplätze Amerikanern zur Verfügung gestellt werden. Vor allem in der IT-Industrie im Silicon Valley laufen Unternehmen dagegen Sturm. „Wir benötigen die Kräfte aus dem Ausland, weil es sie in den USA nicht gibt“, heißt es bei Firmen wie Google. Wie Trump darauf reagieren wird, ist ungewiss.

Das gilt auch für die Zukunft seiner „Wahlkampf-Schlager“. Der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Ausweisung von Millionen illegalen Einwanderern, ein Einreisestopp für Muslime und die Abschaffung von Obamas Krankenversicherung („Obamacare“) – all das kam in seiner inoffiziellen Video-Regierungserklärung nicht vor. Dagegen eröffnete der 70-Jährige neue „Baustellen“, die für Schlagzeilen sorgen:

Von seinem Versprechen, auf Hillary Clinton wegen ihrer E-Mail-Affäre einen Sonder-Ermittler anzusetzen mit dem Ziel, sie ins Gefängnis zu bekommen, hat Trump Abstand genommen.

Trump mischte sich via Twitter in die Innenpolitik Großbritanniens ein. Nigel Farage, Anführer der rechtspopulistischen Ukip-Partei und Kopf der Brexit-Bewegung, wäre ein „toller Botschafter“ für das Vereinigte Königreich in Washington. London lehnte verschnupft ab: „Stelle ist bereits besetzt.“ Später kam heraus, dass Trump Farage gebeten hat, sich gegen den Bau von Windkraftanlagen vor der schottischen Küste zu wehren. Trump betreibt dort zwei Golfplätze.

Angespornt von Trumps Wahlsieg zeigten Hunderte Mitglieder der rechtsradikalen „Alternativen Rechten“-Bewegung um den bekannten Neonazi Richard Spencer bei einer Tagung in der Hauptstadt offen ihre Weltanschauung. In einem nach Ronald Reagan benannten Regierungsgebäude riefen sie „Heil Trump! Heil unserem Volk! Sieg Heil.“ Über Juden sagte Spencer wörtlich: „Man fragt sich, ob diese Leute wirklich Menschen sind.“

Ein als vertraulich eingestuftes Gespräch mit Top-Managern und Moderatoren aller großen Fernsehsender endete als Scherbengericht. Laut „New York Post“ fiel Trump wie bei einem „Erschießungskommando“ über die Medienvertreter her, warf ihnen Voreingenommenheit und Feindseligkeit vor. Stellvertretend bekam CNN-Chef Jeff Zucker von Trump am meisten ab: „Ich verabscheue ihr Netzwerk, jeder bei CNN ist ein Lügner und sie sollten sich schämen.“ Einen für gestern von Trump erbetenen Redaktionsbesuch bei der von ihm regelmäßig herabgewürdigten „New York Times“ sagte Trump kurzerhand wieder ab – um ihn dann doch wieder anzuberaumen.