Berlin.

Nach der Präsidentschaftswahl in den USA suchen viele nationale und internationale Medien nach Antworten: Wie kam es zu Donald Trumps Sieg? Muss die Welt vor ihm Angst haben? Vor allem eines zieht sich durch die Kommentare: große Unsicherheit.


„Die fortschrittlichen Kräfte in Europa können nur ein Gegengewicht zu Trumps USA werden, wenn sie endlich eine Politik beenden, die viel zu viele Menschen sich selbst überlässt. Sie müssen die Konsequenzen aus der Niederlage Hillary Clintons ziehen und auf die ökonomischen und sozialen Verwerfungen unserer Gesellschaften überzeugendere Antworten geben als die US-Demokratin, deren Schwäche Trump erst stark gemacht hat.“


(Rom) „Es ist ein Hurrikan der Unzufriedenheit, der aus dem Bauch der Nation schlägt und der seine Hochburg in den Midwest-Staaten hat, die Barack Obama einst erobert hatte und die nun die Farbe gewechselt haben. Weil Millionen verarmte Familien ohne Hoffnung auf Wohlstand und Zufriedenheit sich entschieden haben, aus Washington die Dynastien der letzten 30 Jahre zu vertreiben: die Bushs und die Clintons.“


„Schock, Fassungslosigkeit, Ekel und Wut sind kaum die richtige Reaktion auf diese Wahl. Sie sind zwar bequem (...). Sie sind aber keine Argumente, mit denen sich Trump-Anhänger umstimmen ließen. Wir sollten also von unserem hohen moralischen Ross heruntersteigen und uns eine schlauere Reaktion überlegen. Denn die US-Wahl betrifft uns viel mehr, als wir es uns eingestehen wollen.“


(Wien) „Wenn Trump auch nur einen Teil seiner Ankündigungen umsetzt, wird in der Weltpolitik kein Stein auf dem anderen bleiben. (...) Wir stehen wieder vor einer Zeitenwende. Nach der Brexit-Entscheidung und Trumps Wahlsieg wird das Jahr 2016 in die Geschichtsbücher eingehen.“


(Hamburg) „Wem die Macht zu Kopf steigt, der ist bislang noch immer an der Gewaltenteilung gescheitert. Auch der Horrorclown Trump? Womöglich ist er doch geschmeidiger, als er tönt. Womöglich gibt er doch nicht den Samson im Tempel. Es bleibt der Welt nichts anderes übrig, als fest daran zu glauben, dass die amerikanische Verfassung auch diese Krise übersteht.“


(London) „Das mächtigste Land der Welt wird künftig von seinem gefährlichsten Führer gelenkt werden. (...) Der Präsident, der zu Kriegszeiten das Amt innehatte, das Trump im Januar antreten wird, sagte einst den Amerikanern: ,Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst.‘ Das stimmt heute so nicht. Amerika und wir alle haben viel zu fürchten – allen voran den Mann, der jetzt an der Spitze der Welt steht.“


„Donald Trump ist nicht nur Amerikas Antwort auf eine vernachlässigte Mittelschicht und innenpolitische Krisen, er ist auch die Antwort auf ein immer schwächer werdendes Europa. In Moskau schwingt ein Mann das Zepter mit dem Schneid eines KGB-Offiziers und reagiert mit neuem Selbstbewusstsein und Härte auf die Nato-Osterweiterung. Musste man die Russen so demütigen? Jetzt weht ein neuer Wind vom Atlantik nach Europa herüber, eine neue Zeit bricht an, und die Sorge ist nicht ganz unberechtigt, dass mit Trump womöglich das Ende einer Demokratie eingeläutet wird, wie wir sie bisher kannten.“


(Brüssel) „Amerika muss nicht wieder groß werden, es muss sich aber wieder mit der Politik versöhnen. Das ist die einzige Schlussfolgerung nach einer langen und traurigen Kampagne, die der Präsidentschaftswahl vorausging. Amerikas Demokratie muss wieder hergestellt werden. (...) Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dies nun vier verlorene Jahre werden.“