Berlin .

Blamage für die Bundesregierung: Nach monatelangem Streit um den deutschen Klimaschutzplan konnte sich die Koalition auch im zweiten Anlauf nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen. Das verlautete aus Regierungskreisen. Damit kann der Plan, wie Deutschland den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 Richtung null bringen kann, am heutigen Mittwoch nicht im Kabinett verabschiedet werden.

Bis zuletzt hatten die beteiligten Ministerien über Passagen und Änderungsvorschläge verhandelt. Lobbyverbände der Industrie forderten den Stopp in letzter Minute. Am Abend wollten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) das Thema dann bei einem Treffen im Kanzleramt zur Chefsache machen. Beim Streit zwischen den Ministerien geht es vor allem um diese Punkte:

Kohleausstieg

Zu den umstrittensten Themen gehörten Passagen zum Ende der Kohleverstromung. Dabei ging es insbesondere um die Kommission „Klimaschutz, Wachstum, Strukturwandel und Vollendung der Energiewende“, Kohlekommission genannt. Für sie hatte sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) stark gemacht. Die Kommission soll den Ausstieg aus der Braunkohle vorbereiten und dazu bis 2018 Vorschläge unterbreiten. In den betroffenen Braunkohlestandorten, dem Rheinischen Revier und der Lausitz im Süden Brandenburgs, sollen Regionalfonds aufgebaut werden.

Umkämpft bis zuletzt: Passagen zum Umgang mit der Kohlewirtschaft. Zwar tauchten in den zuletzt diskutierten Entwürfen weder ein Enddatum für das Ende der Kohleverstromung in Deutschland noch konkrete Maßnahmen auf. Dennoch hieß es im Entwurf: „Neue Kohlekraftwerke und Tagebauerweiterungen würden zu Fehlinvestitionen führen und werden daher unterbleiben.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schrieb einen Brandbrief an Umweltministerin Hendricks, Energieminister Gabriel und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Darin warnte er vor möglichen Folgen des Klimaschutzplans. Mit Blick auf einen Stopp der Tagebauerweiterungen sprach Woidke von einem „Berufsverbot“.

CO2-Handel

Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass der Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten reformiert wird. Das wichtigste Instrument des Klimaschutzes in Europa funktioniert derzeit nicht, da zu viele Verschmutzungszertifikate auf dem Markt sind und so billig zugekauft werden können. Mit einem höheren Preis für die Rechte soll nun mehr Anreiz zum Klimaschutz geschaffen werden. „Die Bundesregierung wird sich auf europäischer Ebene für die Einführung eines Mindestpreises für zu versteigernde Zertifikate einsetzen“, hieß es im Entwurf.

Verkehr

Lange umstritten war, ob Neuwagen ab 2030 ausschließlich über elektrische oder andere klimafreundliche Antriebe verfügen müssen. In den diskutierten Entwürfen hieß es viel vorsichtiger: „Neuwagen sollten dann mit Technologien ausgestattet sein, die grundsätzlich dazu in der Lage sind, unabhängig von fossilen Kraftstoffen betrieben zu werden.“ Geprüft werden soll eine „aufkommensneutrale Weiterentwicklung der Abgaben und Umlagen“ im Verkehr, um umweltfreundliche Verkehrsmittel zu fördern. Hier könnte es um die Erhöhung von Steuern auf Benzin oder Diesel gehen.

Landwirtschaft

In der Landwirtschaft soll der Einsatz von Stickstoffdünger deutlich reduziert werden, der Ökolandbau auf ein Fünftel der bewirtschafteten Fläche ausgedehnt werden. Forderungen nach einer Einschränkung der Fleischproduktion oder einer höheren Mehrwertsteuer auf Fleisch fanden sich in jüngsten Entwürfen nicht mehr.