Berlin. Abkehr von der Agenda 2010, Absicherung der Renten und Rückkehrrecht nach Teilzeit

Die IG Metall dringt auf umfassende Sozialreformen für Arbeitnehmer und Rentner. Die Gesetze der großen Koalition in den Bereichen Arbeitsmarkt und Soziales seien nicht konsequent genug, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann am Donnerstag zu Beginn eines Sozialstaatskongresses der IG Metall in Berlin. Nötig sei eine Abkehr vom Grundsatz der rot-grünen Reformagenda 2010, „dass jede Arbeit besser ist als keine“. Die Einkommensungleichheit in Deutschland sei wieder so groß wie im wilhelminischen Zeitalter, also um die Wende zum 20. Jahrhundert.

Hofmann forderte noch deutliche Reformen von Union und SPD, bevor die Koalition vor dem Bundestagswahlkampf voraussichtlich im Dezember in einen „Erschöpfungszustand“ verfalle. So müsse das Versprechen eingelöst werden, dass Arbeitnehmer, die in Teilzeit wechseln, ein Rückkehrrecht auf die volle Stelle bekommen.

Hofmann forderte Union und SPD auf, überzeugende Antworten gegen drohende Altersarmut und ein sinkendes Rentenniveau zu liefern. Nötig seien auch Verbesserungen für Arbeitnehmer mit Lücken in der Erwerbsbiografie. Langjährig Beschäftigte erreichten als Rentner künftig in immer größerer Zahl die Armutsschwelle, sagte Hofmann unter Berufung auf den aktuellen Alterssicherungsbericht der Regierung.

CDU-Wirtschaftsflügel warnt vor Überbietungswettbewerb

Hofmann forderte eine breite gesellschaftliche Debatte über mehr Geld für die Rente. Es müsse diskutiert werden, was der Gesellschaft eine Stabilisierung der Rente wert sei. Auch die eigenen Mitglieder würden gefragt, ob sie bereit seien, mehr zur Stabilisierung der Rente beizutragen. Dies werde eines von mehreren Themen einer großen Mitgliederbefragung im Januar und Februar sein. Die Arbeitgeber warnen vor hohen Milliardenkosten durch solche Reformen.

Kurz vor dem Spitzentreffen von CDU und CSU zur Rente hat der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann, vor einem „Überbietungswettbewerb“ gewarnt. „Statt neue Versprechungen zu beschließen, sollten wir zunächst bei der Riester-Rente und der betrieblichen Altersversorgung nachjustieren“, sagte der CDU-Politiker. „Ziel muss sein, dass künftig weder die Versicherungsbeiträge noch Steuerzuschüsse in die Rentenversicherung durch die Decke schießen.“

Linnemann kritisierte, dass etwa bei der Debatte um ein Mindestrentenniveau die gesetzliche Altersversorgung isoliert diskutiert werde. „Wir müssen die Altersabsicherung aber gesamtheitlich denken, mit allen Elementen auch der privaten Vorsorge“, sagte er. Nötig seien Informationskonten über alle Ansprüche der Beschäftigen wie in skandinavischen Ländern. Auch Selbstständige müssten nachweisen, dass sie für das Alter vorsorgten. Die Unionsspitzen wollen am Freitag klären, was in dieser Legislaturperiode noch an Reformen umgesetzt werden soll.