Berlin.

Die Gewalt gegen Asylsuchende und deren Unterkünfte steigt bundesweit an. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2016 bislang 797 Straftaten gegen Heime von Flüchtlingen registriert. Für 740 Delikte sind „rechtsmotivierte Täter“ verantwortlich – also Neonazis oder andere Fremdenfeinde. In einigen Fällen aber stellen die Ermittler auch fest, dass die Täter der Polizei bisher nicht bekannt waren – weder als Rechtsextremisten noch im Kontext von anderen Straftaten wie etwa Körperverletzung. Experten sprechen davon, dass sich im Zuge der Flüchtlingskrise auch manche „unauffällige Bürger“ radikalisieren und Straftaten gegen Migranten begehen. Bei 57 der nun fast 800 Delikte kann eine politische Motivation noch nicht sicher ausgeschlossen werden.

Und die Zahl der Delikte steigt weiter an – obwohl seit Frühjahr deutlich weniger Geflüchtete und Migranten nach Deutschland kommen. Das BKA zählte im gesamten Jahr 2014 insgesamt 199 Straftaten gegen Asylunterkünfte, 2013 waren es 69 Delikte. 2015 verfolgten die Ermittler bereits 1031 Delikte. Und jetzt schon fast 800 für 2016. Nach Informationen dieser Redaktion handelte es sich bei den bis Mitte Oktober gezählten Straftaten in 320 Fällen um Sachbeschädigung, bei 180 Delikten verteilten die Täter rechtsextreme oder fremdenfeindliche Propaganda, bei 137 Straftaten wendeten die Angreifer sogar Gewalt an. 2016 gab es demnach bisher 61 Brandstiftungen und zehn Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz. In vier Fällen explodierte der Sprengstoff in oder an der Flüchtlingsunterkunft. Zuletzt hatten unbekannte Täter eine selbstgebastelte Bombe vor einer Dresdner Moschee in die Luft gesprengt.

Dass Neonazis auch vor brutalen Taten nicht zurückschrecken, zeigt eine weitere aktuelle Statistik. Rechtsextreme haben 2016 mehr versuchte Morde und Totschlagsdelikte begangen als in den Jahren davor. Bis Oktober habe die Polizei bundesweit elf versuchte Tötungsdelikte von Neonazis registriert. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine schriftliche Anfrage einer Linke-Abgeordneten hervor, über die der „Tagesspiegel“ berichtet. Viermal sei 2016 die Tat als ein versuchter Mord, siebenmal als versuchter Totschlag gewertet worden. 2015 seien nur sieben Vorfälle registriert worden, 2014 einer. Die Attacken hätten sich gegen Flüchtlinge und Migranten gerichtet. In einem Fall sei das Opfer ebenfalls aus der rechten Szene gekommen.