Berlin/Bonn. 20.700 Mal pro Jahr pendeln Mitarbeiter der Ministerien zwischen Bonn und Berlin

Dienstag, 10.50 Uhr, Bonn: Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) muss weg. Gerade hat sie über die Aufteilung der Bundesministerien zwischen Bonn und Berlin referiert. Jetzt muss sie weiter – nach Berlin. Zweite Pressekonferenz, selbes Thema, 480 Kilometer Luftlinie. Schöner hätte die Beauftragte der Regierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich Deutschlands Hauptstadt-Dilemma kaum illustrieren können.

Der Bericht, den die Ministerin erst in der Bundesstadt (Bonn), dann in der Bundeshauptstadt (Berlin) vorstellt, untermalt dieses Dilemma. Das Ergebnis: Die Aufteilung in zwei Dienstsitze erschwert die Arbeit. Der Region Bonn geht es trotz Abwanderung der Regierung gut. Aber der Trend nach Berlin könnte sich verstärken. Ein paar Daten:

Es gibt unter den Bundesministerien acht Berlin-Ressorts
mit erstem Dienstsitz an der Spree und sechs Bonn-Ressorts mit erstem Dienstsitz am Rhein. Zwei Dienstsitze haben sie alle.

Ende 2015
arbeiteten von knapp 20.000 in diesen Ressorts Beschäftigten etwa 64 Prozent in Berlin, 35 Prozent in Bonn. Der Bericht bescheinigt Berlin eine „Sogwirkung“.

Eine deutliche Mehrheit
der befragten Abteilungs- und Unterabteilungsleiter in Bonn und Berlin findet, dass die Teilung einen höheren Arbeitsaufwand bedeutet. Was die Arbeitsergebnisse angeht, sehen die Bonner keinen Nachteil, die Berliner schon.

Im Jahr 2015
gab es rund 20.700 „teilungsbedingte“ Dienstreisen zwischen Berlin und Bonn. Mehr als 100 Beschäftigte reisten im vergangenen Jahr mehr als 20 Mal hin und her.

Um es nicht unnötig spannend zu machen: Der Berichtsentwurf, der in der Ressortabstimmung ist, enthält keine Handlungsempfehlung. „Längerfristig besteht das Ziel darin, die ungesteuerte Entwicklung in einen gesteuerten Prozess zu überführen.“ Das kann alles heißen. Klar ist für Hendricks eins: „Bei ungesteuertem Fortlauf der Entwicklung wird sich die Verlagerung von Ministeriumsarbeitsplätzen verschärfen.“

Politiker in Bonn treten vehement für die doppelte Hauptstadt ein. Und Hendricks (Wahlkreis: Kleve in Nordrhein-Westfalen) besteht darauf, sie habe nie den Komplettumzug gefordert und tue das weiter nicht. Einige Medien hatten sie so verstanden, als sie 2015 sagte: „So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben.“ Am Dienstag sagt sie, dass es darum gehe, „Rationalität in die Debatte“ zu kriegen. Vielleicht löst sich das Problem von selbst. Im Schnitt sind die Beschäftigten in Bonn älter. „Drei Viertel der am Dienstort Bonn beschäftigten Mitarbeiter/-innen werden in den kommenden rund 20 Jahren in den Ruhestand gehen.“