Berlin.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht seine Partei bei der Entscheidung über den Kanzlerkandidaten nicht unter Zugzwang. „Solange die Union nicht Klarheit hat, wer bei denen antritt, obwohl sie die Kanzlerin stellt, ist die SPD unter gar keinem Druck“, sagte der Vizekanzler am Freitag in Berlin. „In der CDU gibt es offensichtlich große Not, weil man Angst hat, dass Frau Merkel nicht noch mal antreten könnte.“ Verglichen damit befinde sich seine SPD in einer komfortablen Lage.

Zu Spekulationen, wonach EU-Parlamentspräsident Martin Schulz von namentlich nicht genannten führenden Parteimitgliedern als Kanzlerkandidat favorisiert werde, äußerte sich Gabriel nicht direkt. Er sagte aber, dass es für seine Partei schön sei, wenn Beobachter mehrere Mitglieder „für in der Lage halten, Frau Merkel abzulösen“.

Einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ zufolge deutet sich in der Kandidatenfrage eine Wende an. Eine wachsende Zahl führender Genossen favorisiere demnach Schulz. Gabriel wolle die Entscheidung möglichst bis Anfang 2017 offenhalten, doch drängten immer mehr Sozialdemokraten aus Partei und Fraktion auf eine schnellere Auswahl. Weil Schulz in absehbarer Zeit bekennen müsste, ob er für eine weitere Amtszeit als EU-Parlamentspräsident kandidiert, könnte eine Entscheidung über den SPD-Kanzlerkandidaten deshalb noch im Oktober fallen.

Angeblich soll auch verhindert werden, dass die SPD ohne eigene Spitzenpersonalie dastehe, wenn die CDU auf ihrem Parteitag Anfang Dezember Angela Merkel voraussichtlich erneut zur Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidatin der Union ausrufe.