Washington.

26. September. 9. Oktober. 19. Oktober. Drei Tage im amerikanischen Herbst bringen die Vorentscheidung: Bekommen die USA zum ersten Mal eine Präsidentin? Oder zieht ein umstrittener Geschäftsmann ins Oval Office ein? Mit der ersten von drei Fernseh-Debatten beginnt am heutigen Montag endgültig die heiße Phase des bizarrsten Wahlkampfes, den die USA seit Ewigkeiten erlebt haben.

Hillary Clinton (68) versus Donald Trump (70). Hier die 1,68 Meter große Ex-First Lady, Ex-Senatorin und Ex-Außenministerin aus Chicago. Da der bullige Chauvi und Politikneuling aus Queens. Hier die debattengestählte Fachpolitikerin mit riesigem Wissensfundus. Dort der durch seine Reality-TV-Show „The Apprentice“ mit der Manipulation des Publikums vertraute Selbstdarsteller, der im Vorwahlkampf 16 Mitbewerber mit einer Melange aus Lügen, Beleidigungen und faktenfreien Versprechungen aus dem Feld geschlagen hat. Zwei Kandidaten, wie sie qua Intellekt, Programm und Erfahrung unterschiedlicher nicht sein könnten.

Noch im Sommer hatte die wie ihr Gegenüber reichlich unbeliebte Demokratin einen komfortablen Vorsprung in den meisten Umfragen. Heute liegt der Radikalpopulist nahezu gleichauf. Fernsehkundige rechnen darum mit einer Rekordeinschaltquote von mehr als 100 Millionen, wenn der afroamerikanische Star-Moderator des Senders NBC, Lester Holt, um 21 Uhr Ortszeit (3 Uhr am 27.9. in Deutschland, übertragen von der ARD), im Saal der Hofstra-Universität auf Long Island bei New York das 90-minütige Rede­duell eröffnet. Viel steht auf dem Spiel. Vielleicht alles.

Am 56. Jahrestag der ersten „presidential debate“ schaut ein großer Teil des Wahlvolks zum ersten Mal wirklich genauer auf die beiden Menschen, die am 8. November um das höchste Staatsamt kämpfen. Dabei kommt es erfahrungsgemäß nicht so sehr darauf, was die Kandidaten sagen – sondern wie sie das tun. Bei der Premiere am 26. September 1960 lieferte ein siech wirkender Richard Nixon gegen den fast jugendlich auftretenden John F. Kennedy einen Auftritt ab, von dem er sich nie wieder erholte. Ein dicker Patzer, eine aufreizende Geste, ein Aussetzer oder ein brillanter Konter können Clinton wie Trump einen großen Schub geben. Oder das genaue Gegenteil.

Der Papierform nach ist Clinton im Vorteil. Sie hat ihr Temperament unter Kontrolle. Sie ist trittsicher auf allen Politikfeldern. Sie hat ein Wahlprogramm, das nicht schon nach der ersten Überprüfung in sich zusammenfällt. Was sie nicht hat, ist der rhetorische Furor, mit dem Amtsinhaber Barack Obama bis heute über inhaltliche Unschärfen hinwegparlieren kann. Trump dagegen ist noch nie durch präsidiales Auftreten aufgefallen. Dafür mit Lügen. 60 Prozent seiner Aussagen sind nach Prüfung der Faktenchecker von „Politi-Fact“ unwahr. Aber er hat bewiesen, dass man mit Breitseiten gegen Rivalen („Lügen-Ted“) und großspurigen Versprechen („Make America great again“) Emotionen wecken kann.

Schließlich hat er noch damit gedroht, zur Fernsehdebatte mit Hillary eine frühere Geliebte ihres Mannes Bill mitzubringen. Er reagierte damit auf eine Mitteilung des milliardenschweren Geschäftsmannes Mark Cuban, nach der dieser beim TV-Duell in der ersten Reihe sitzen werde. Cuban ist ein lautstarker Trump-Gegner.

Die Bedeutung der Debatten kann man laut Experten wie Larry Sabato „nicht hoch genug einschätzen“. Ein Fünftel der Wähler, sagt der Professor der Universität von Virginia, sei noch völlig unentschlossen. „Jede Schwäche heute Abend kann die Wahlentscheidung nachhaltig beeinflussen.“