Kairo/New York.

Ein gewaltiger Feuerball auf dem Video durchzuckte die Nacht, dann standen die voll beladenen UN-Lastwagen und die Lagerhalle in hellen Flammen. Mindestens zwanzig Fahrer und Helfer starben, als angeblich syrische oder russische Kampfflugzeuge in der Provinz Aleppo einen gemeinsamen Hilfskonvoi der Vereinten Nationen, des Roten Halbmonds und des Roten Kreuzes zusammenschossen. Eine solche Bluttat hat es selbst in dem so bestialischen syrischen Bürgerkrieg bisher noch nicht gegeben und löste weltweites Entsetzen aus.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete den Angriff als „widerlich“. Er übte scharfe Kritik an mehreren Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. „Mächtige Gönner, die die Kriegsmaschine weiter füttern, haben auch Blut an ihren Händen“, sagte der am Ende des Jahres aus dem Amt scheidende Ban zum Auftakt der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Dienstag in New York. US-Präsident Barack Obama warb erneut für eine diplomatische Lösung im Syrienkonflikt. „In Syrien gibt es am Ende keinen militärischen Sieg zu gewinnen“, sagte er bei seinem letzten Auftritt bei der Generaldebatte. Es müssten weiter Hilfslieferungen zu der bedürftigen syrischen Bevölkerung gebracht werden. Frankreichs Präsident Francois Hollande rügte das syrische Regime und seine internationalen Unterstützer. Machthaber Baschar al-Assad und sein Regime seien für das Scheitern der jüngsten Waffenruhe verantwortlich.

„Unsere Empörung ist gewaltig“, erklärte auch der Syrienvermittler der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura. Der UN-Konvoi sei das Ergebnis langer Vorbereitungen und eines langen Prozesses gewesen, um eingeschlossenen Zivilisten in der Provinz Aleppo zu helfen. Der zweite vom Regime nach einem ähnlich endlosem Hin und Her genehmigte Transport in der Provinz Homs wurde von syrischen Regimesoldaten an der Weiterfahrt gehindert, die geladenen Medikamente beschlagnahmt und gestohlen.

Nach Angaben von Augenzeugen bombardierten die Kampfflugzeuge den UN-Konvoi in zwei Wellen, zunächst die Fahrzeuge und dann nach einer gewissen Pause auch die herbeigeeilten Rettungskräfte. Solche Doppelschläge sind typisch für syrische oder russische Angriffsoperationen. Unter den Toten ist auch der Chef des syrischen Roten Halbmonds für die Region Aleppo. Mindestens 18 der 31 Lastwagen sind zerstört. Sie wurden gerade entladen, ihre Fracht sollte die Menschen in der belagerten Stadt Orem al-Kubra im Westen der Provinz Aleppo versorgen. Nach Angaben der UN waren die syrische und die russische Seite über sämtliche Koordinaten informiert. Mit beigetragen zu dem Kollaps der Feuerpause hatte am Sonnabend aber auch ein Angriff von US-Kampfflugzeugen auf einen Posten der syrischen Armee, bei dem mindestens 90 Soldaten starben.

Syrien und Russland allerdings stritten ab, den Angriff auf den Konvoi verübt zu haben. „Solche Meldungen sind unwahr“, hieß es in den syrischen Staatsmedien. Auch das Verteidigungsministerium in Moskau hat einen Angriff auf den Hilfskonvoi dementiert. „Weder die russische noch die syrische Armee hat einen Luftangriff auf den UN-Konvoi bei Aleppo geflogen“, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow der Agentur Interfax zufolge. Washington versuchte am Rande der UN-Vollversammlung in New York mit Moskau auszuloten, ob sich die nach sieben Tagen zusammengebrochene Feuerpause von Genf noch retten lässt. Am Mittwoch tagt der UN-Weltsicherheitsrat.