Athen.

Nach dem Brand im Flüchtlingslager „Moria“ spitzt sich die Lage auf der griechischen Insel Lesbos zu. Mehr als 3000 Flüchtlinge und Migranten wurden durch das Feuer obdachlos, viele haben sich auf der Insel versteckt, um einer möglichen Abschiebung in die Türkei zu entgehen, berichten griechische Medien am Dienstag. Die Situation könne jederzeit wieder eskalieren, warnte Bürgermeister Spyros Galinos.

Die Situation im völlig überfüllten Auffanglager der Insel war am Montagabend eskaliert. Ersten Erkenntnissen zufolge legten Flüchtlinge und Migranten an verschiedenen Stellen Feuer, sodass der sogenannte Hotspot zu mehr als 60 Prozent zerstört wurde. Anschließend machten sich die Menschen auf den Weg zum Hafen der Insel.

„Angesichts des überfüllten Lagers war es nur eine Frage der Zeit, bis das passiert“, sagte Galinos. „Wenn die Situation nicht umgehend entschärft wird, werden wir sicher wieder neue, noch schlimmere Vorfälle erleben.“

Am Dienstagmorgen nahm die griechische Polizei auf der Insel 18 Flüchtlinge und Migranten fest. Die Männer aus Afghanistan, Kamerun, Senegal und Syrien stehen im Verdacht, für die Brandstiftung und die Krawalle inner- und außerhalb des sogenannten Hotspots verantwortlich zu sein, berichtete die Athener Tageszeitung „Kathimerini“. Mindestens neun von ihnen sollen dem Haftrichter vorgeführt werden.

Die griechische Regierung äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen. Ministerpräsident Alexis Tsipras und andere Regierungsmitglieder nehmen derzeit am UN-Flüchtlingsgipfel in New York teil. Galinos warf Athen Versäumnisse vor. Er selbst habe wiederholt um Hilfe gebeten und gewarnt. „Es kann nicht sein, dass nur rund 15 Gemeinden in ganz Griechenland die gesamte Flüchtlingsproblematik schultern.“

Seit dem Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei im März dieses Jahres dienen die Hotspots dazu, illegal eintreffende Neuankömmlinge festzuhalten, um sie zurück in die Türkei zu schicken. Zuvor können die Menschen einen Asylantrag stellen – allerdings zieht sich die Prozedur mangels Personal in die Länge, sodass die Hotspots längst überfüllt sind.

Etwa 300.000 Menschen haben Europa in diesem Jahr über das Mittelmeer erreicht. Dies seien deutlich weniger als in den ersten neun Monaten 2015, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf mit. Von Januar bis September 2015 hätten 520.000 Flüchtlinge die Überquerung geschafft. UN-Experten erklärten den Rückgang vor allem mit der Schließung der Balkanroute und dem EU-Türkei-Abkommen über die Rückführung von Flüchtlingen. Aus diesem Grund sei der Rückgang vor allem in Griechenland zu verzeichnen, wo seit Januar 2016 knapp 166.000 Flüchtlinge und Migranten an Land gingen. In den ersten neun Monaten 2015 seien es 385.000 gewesen.