Berlin. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller freut sich nach der Wahl in Berlin über den „klaren Regierungsauftrag“ für seine SPD.

Der neue Regierende Bürgermeister wird wohl auch der alte sein. Michael Müllers SPD muss zwar herbe Verluste hinnehmen, bleibt jedoch stärkste Kraft. Aus seinem Dienstwagen auf dem Weg zu einem Fernsehsender sprach er mit unserer Redaktion über die Wahlergebnisse.

Herr Müller, die SPD hat stark verloren, liegt aber am Ende doch vorne. Wie ist Ihre Gefühlslage?

Michael Müller: Natürlich ist es gut, dass wir den klaren Regierungsauftrag haben. Den nehmen wir an und werden weiterhin den Regierenden Bürgermeister stellen. Aber ich sehe das Ergebnis auch als Ansporn, in der nächsten Legislaturperiode an unseren Themen konsequent dranzubleiben: Mieten und Wohnen, Arbeit, da muss es in der Umsetzung schneller werden.

Wie erklären sich die hohen Verluste für Ihre Partei und vor allem für Ihre Koalition?

Müller: Das haben wir auch in den anderen Ländern gesehen. Bei einem Sechs-Parteien-Parlament und der bundespolitisch schwierigen Ausgangslage muss man schwächere Ergebnisse akzeptieren. Wichtig ist, dass es eine klare Führungsrolle für die SPD und damit auch eine Bestätigung für mich als Regierenden Bürgermeister gibt.

Haben Sie persönlich Fehler gemacht, dass nicht ein besseres Ergebnis herausgekommen ist?

Müller: Man kann immer das eine oder andere besser machen. Ich bleibe dabei, dass unsere Themen die richtigen sind, aber dass wir in der Umsetzung schneller werden müssen. Wir haben jetzt die Investitionsoffensive eingeleitet, die muss verstetigt und beschleunigt werden.

Sehen Sie eine andere Regierungsoption als ein Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Linken?

Müller: Es gibt insgesamt offenbar drei mögliche Optionen. Wir werden jetzt Sondierungsgespräche führen mit allen Parteien, mit denen man theoretisch eine Regierung bilden kann, außer natürlich mit der AfD. Dann wird man sehen, mit wem man konkrete Koalitionsverhandlungen führen kann.

Zuletzt haben Sie ja öfters Ihren Koalitionspartner CDU öffentlich kritisiert. Denken Sie, dass Sie ein kompliziertes Dreierbündnis managen können?

Müller: In einem Dreierbündnis wird man andere Kommunikationswege brauchen. Man hat wesentlich größeren Abstimmungsbedarf. Ich bin ja als Regierender Bürgermeister in bestehende Strukturen einer Koalition eingestiegen. Außerdem hatten wir auch ernsthafte Probleme mit der Flüchtlingskrise. Wenn man neu startet, muss man einen wesentlich intensiveren Abstimmungsrhythmus finden. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.

Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihre eher linksorientierte Partei ein Bündnis mit CDU und FDP akzeptieren könnte?

Müller: So weit sind wir noch lange nicht. Ich habe nichts zurückzunehmen, was ich über Rot-Grün gesagt habe. Aber Sondierungsgespräche führt man ja, um zu erfahren, was andere mögliche Kooperationspartner wollen. Dann wird es eine Empfehlung an den Landesvorstand geben. Die Schnittstellen mit den Grünen sind natürlich nach wie vor da.

Befürchten Sie, dass es angesichts von mehr als fünf Prozentpunkten Verlust in Ihrer Partei jetzt unruhig werden könnte? Es könnte ja sein, dass einige Mitglieder Ihre Position als Landesvorsitzender infrage stellen werden?

Müller: Nein, wir sind ein Führungsteam, der Landesvorstand, der Fraktionsvorsitzende, der Fraktionsvorstand, die Bezirksbürgermeister. Wir haben gemeinsam das Ergebnis erkämpft. Es ist deutlich geworden, dass wir an einem Strang ziehen, dass wir gemeinsam gegen die AfD kämpfen und weiter für ein soziales und menschliches Berlin eintreten. Und es ist auch positiv aufgenommen worden, dass es da gar keinen Streit innerhalb der Berliner Sozialdemokratie gab. Das wird auch nach dieser Wahl so bleiben.

• Dieses Interview ist zuerst bei der „Berliner Morgenpost“ erschienen