Berlin.

Deutschland, der Musterschüler: Im internationalen Vergleich schneidet das deutsche Bildungssystem gut ab. Wer hier in die Kita, in die Schule und später in die Lehre oder an die Uni geht, hat solide Chancen auf ein gutes Leben. Vor allem der Start ins Berufsleben klappt in den meisten Fällen: Wie die neue OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ zeigt, sind nur in Island und in den Niederlanden noch mehr junge Leute zwischen 20 und 24 Jahren in Ausbildung oder haben einen Job. „Wir haben ein stabiles, leistungsfähiges Bildungssystem“, sagte Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Es wäre aber „fatal“, sich damit zufrieden zu geben. Wo hat das Land aus Sicht der OECD-Forscher noch Nachhilfe nötig?

Schulabschlüsse

Die Forscher kritisieren, dass mehr als jeder Zehnte ohne qualifizierten Abschluss bleibt. Und: Dass es hier in den letzten Jahrzehnten praktisch keine Bewegung gibt. Andere Länder hätten gezeigt, wie man die Zahl der Geringqualifizierten senken kann: Die Schweiz und Österreich konnten die Quote halbieren, in Korea ist sie von 43 Prozent auf zwei Prozent geschrumpft. „In allen diesen Ländern wird schon in den ersten Lebensjahren dafür gesorgt, dass Kinder aus schwierigen Bildungsverhältnissen eine Chance bekommen“, sagte Andreas Schleicher, Direktor für Bildung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Der Anteil junger Erwachsener mit akademischen oder höheren beruflichen Abschlüssen stieg zwischen 2005 und 2015 von 22 auf 30 Prozent. Wie schwer der Aufstieg für Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien aber nach wie vor ist, zeigt der internationale Vergleich: Bei den heute 25- bis 44-Jährigen, die aus einem Elternhaus mit zwei gering qualifizierten Eltern stammen, schaffen nur zehn Prozent einen Hochschulabschluss. Schlechter, so Bildungsforscher Schleicher, seien die Chancen nur in sechs anderen OECD-Ländern. Wanka wandte ein, dass immerhin die Zahl der jungen Leute, die die Schule gänzlich ohne Abschluss verlassen, in den letzten Jahren kleiner geworden sei und zuletzt bei knapp sechs Prozent lag.

Frühkindliche Bildung

Gute Kitas machen Kinder fit für die Schule: 94 Prozent der Dreijährigen und 98 Prozent der Vierjährigen besuchen in Deutschland eine Kita. Bei Kindern mit ausländischen Wurzeln liegt der Anteil jedoch niedriger. Die OECD-Forscher beklagen, dass die Kosten für den Kita-Besuch in Deutschland zu oft noch immer zulasten der Familien gehen: Bundesweit liege der private Finanzierungsanteil bei einem Viertel und damit deutlich über dem OECD-Mittel, so Schleicher. Insgesamt gibt Deutschland 4,2 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus – im OECD-Mittel sind es 4,8 Prozent.

Lehrerinnen und Lehrer

Nach Italien hat Deutschland die älteste Lehrerschaft: Laut OECD-Studie ist rund die Hälfte der Lehrer an Grundschulen und bis zur zehnten Klasse über 50 Jahre alt. Schlecht sieht es bei der Fortbildung der alternden Lehrerschaft aus: Weiterbildung und Austausch mit Experten – das komme in Deutschland viel zu kurz, beklagt Schleicher. In anderen Ländern hätten die Lehrer deutlich mehr Zeit für die eigene Weiterentwicklung: So unterrichtet ein deutscher Lehrer in der Oberstufe laut Studie im Schnitt 714 Stunden im Jahr, ein japanischer dagegen nur 513 Stunden.