Kairo.

Er gilt als der Whistleblower des Königshauses. Wer sich hinter den saudischen Twitter-Leaks von @Mujtahidd verbirgt, weiß niemand. Seit 2011 stellt der geheimnisvolle Onlineaktivist peinliche Details aus dem saudischen Königshaus und seinen endlosen Korruptionsskandalen ins Netz. In der vergangenen Woche nun ließ er die jüngsten tiefroten Budgetzahlen seiner Heimat kursieren, die jeden europäischen Finanzminister an den Rand eines Herzinfarkts bringen würden.

Demnach liegen die Staatsausgaben Saudi-Arabiens 2016 bei 270 Milliarden Euro. Ungedeckt sind 115 Milliarden. Zur Hälfte werden diese aus den Rücklagen finanziert, zur anderen Hälfte mit neuen Schulden. Saudi-Arabien muss also drastisch sparen – nicht nur daheim, auch im Ausland. So verwundert es nicht, dass bis zum Jahresende die König-Fahd-Akademie in Bonn geschlossen und die Fertigstellung einer zweiten saudischen Schule in Berlin gestoppt werden soll. So heißt es in einem Pressebericht unter Verweis auf die Botschaft Saudi-Arabiens in Berlin. Weil Deutschland über eines der weltweit besten Bildungssysteme verfüge und Saudi-Arabien von diesem lernen könne, sehe die Regierung in Riad keine Notwendigkeit mehr für eine saudische Schule in Deutschland. So lautet die offizielle Begründung, die wohl eher aus der Not eine Tugend macht.

Denn die Saudis leiden unter der Ebbe in der Staatskasse und wollen künftig besser der westlichen Kritik vorbeugen, sie hätten mit ihrer toxischen Weltmission den „Islamischen Staat“ (IS) groß gemacht. Im letzten Dezember hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) dem Königreich vorgeworfen, islamischen Extremismus zu exportieren. „Aus Saudi-Arabien werden überall in der Welt wahhabitische Moscheen finanziert. Aus diesen Gemeinden kommen in Deutschland viele islamistische Gefährder“, sagte Gabriel. Man sei zur Lösung der regionalen Konflikte zwar auf Saudi-Arabien angewiesen. „Wir müssen den Saudis aber zugleich klarmachen, dass die Zeit des Wegschauens vorbei ist.“ Denn weggeschaut hat der Westen drei Jahrzehnte lang. Selbst nach dem 11. September 2001, bei dem 15 der 19 Attentäter Saudis waren, gab es keine klaren Konsequenzen. Und so finanziert Saudi-Arabien mit gigantischen Summen die Propagierung seines wahhabitischen Islams, der rund um den Erdball den verbreiteten, toleranten Islam zerstört.

Kein Wunder, dass es auch Konflikte über die Bonner Fahd-Akademie gab. Der Kölner Regierungspräsident warf der Einrichtung 2003 „fundamentalistischen Islamismus an und in der Schule“ vor und drohte mit dem Entzug der Genehmigung. In den Räumen sei zum „Heiligen Krieg“ aufgerufen worden, hieß einer der Vorwürfe, der die Schule auch ins Visier von Staats- und Verfassungsschutz brachte. Derzeit unterrichten hier 30 Lehrer etwa 150 Schüler aus arabischsprachigen Ländern.