Berlin.

In der Debatte um Steuersenkungen für die Bundesbürger fordert der FDP-Chef Christian Lindner deutlich stärkere Entlastungen als bislang diskutiert: „Ein Entlastungsspielraum von 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr bis zum Ende des Jahrzehnts wäre möglich, ohne dass man auf höhere Investitionen verzichten müsste“, sagte er dieser Redaktion. Lindner geht damit weit über Forderungen aus der Union hinaus. Der CDU/CSU-Wirtschaftsflügel hatte Steuererleichterungen von insgesamt 30 Milliarden Euro bis 2020 gefordert.

Nachdem das Steuersystem seit Jahren nicht mehr angepasst wurde, sei jetzt mehr Steuergerechtigkeit überfällig, so Lindner. Die Union habe für ihn bei diesem Thema ihre Glaubwürdigkeit verloren. „Vor den letzten vier Bundestagswahlen wurden jeweils Entlastungen angekündigt, nichts ist passiert“, sagte der FDP-Vorsitzende.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kündigte ein sozialdemokratisches Steuerkonzept für nächstes Jahr an. Die staatlichen Mehreinnahmen sollten für Investitionen genutzt werden und zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) regte Steuerentlastungen im „deutlich zweistelligen Bereich“ an. Widerspruch kam vom SPD-Haushaltsexperten Johannes Kahrs. Er bezeichnete Forderungen nach Steuersenkungen als Schnellschuss. Vorrang habe für die SPD die Entlastung von Familien und Arbeitnehmern über die Senkung der Sozialbeiträge.

Im ersten Halbjahr 2016 verzeichneten Bund, Länder und Gemeinden einen Rekordüberschuss von 18,5 Milliarden Euro. Die jüngste Steuerschätzung hatte im Mai ergeben, dass der Staat bis zum Jahr 2020 mit höheren Einnahmen von mehr als 42 Milliarden Euro rechnen kann.