Berlin.

Eine „sparsame Haushaltspolitik“ hatten CDU und CSU ihren Wählern vor drei Jahren versprochen. Weniger Ausgaben, keine neuen Schulden und hier und da vielleicht etwas mehr Investitionen – es war eine ziemlich freudlose Finanzpolitik, die da 2013 im Wahlprogramm der Unionsparteien stand. Allerdings fuhren die Unionsparteien damit eines ihrer besseren Wahlergebnisse ein.

Die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen haben seitdem geholfen, das Versprechen zu halten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) konnte jetzt nicht nur zum dritten Mal einen Haushalt ohne neue Schulden vorlegen, er nimmt obendrein in den nächsten Jahren immer mehr Steuern ein. Das soll, so versprechen es ihm seine Experten, in den nächsten Jahren auch so bleiben.

Für die Bundestagswahl 2017 wollen CDU und CSU deshalb etwas mutiger sein als 2013: Sie wollen niedrigere Steuern versprechen. Nicht viel, denn „der Spielraum ist begrenzt“, warnt Schäuble. Mittlere Einkommen könne man aber entlasten und den Spitzensteuersatz etwas später als heute beginnen lassen. Aus Schäubles Andeutungen lässt sich erkennen, dass er eine Entlastung von mindestens zehn Milliarden Euro in der nächsten Wahlperiode für möglich hält.

Einigen in der Union reicht das aber nicht aus. Carsten Linnemann zum Beispiel, Vorsitzender der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), hält eine mehr als dreimal so große Entlastung für möglich, also rund 30 Milliarden Euro. „Für viele lohnt sich Mehrarbeit nicht, weil der Staat zu viel abschöpft“, sagt Linnemann. Das Steuersystem müsse einfacher und leistungsfreundlicher werden. „Rund ein Drittel der erwarteten Steuermehreinnahmen muss der Staat für Entlastungen der Steuerzahler verwenden“, fordert der 38-Jährige.

Von Experten hat Linnemann ein dreistufiges Steuerkonzept entwickeln lassen, das ins Wahlprogramm kommen soll. Am Wochenende hat es der Vorstand der Mittelstandsvereinigung beschlossen. Es liegt dieser Redaktion vor. Linnemann sucht dafür schon Unterstützer in seiner Partei. Damit setzt er nicht nur Parteichefin Angela Merkel und Kassenwart Schäuble unter Druck, sondern auch die Schwesterpartei CSU. Die hatte jüngst ihr eigenes Steuerkonzept vorgestellt. Es soll die Bürger ab 2019 um zehn Milliarden Euro entlasten – eine „Mega-Entlastung“, wie die Bayern behaupten. Linnemann will sein Konzept zum „zen­tralen Element“ des Wahlprogramms der Union machen.

Die Mittelstandsleute der Union wollen in drei Schritten vorgehen. Im ersten Schritt wollen sie schon im Jahr 2018 den pauschalen Betrag, den man in der Steuererklärung für Werbungskosten angeben kann, von 1000 Euro auf 2000 Euro verdoppeln. Damit entfalle lästige Rechenarbeit, und es würden zwei Drittel der Steuerpflichtigen entlastet, verspricht Linnemann.

Im zweiten Schritt 2019 will er den Einkommensteuertarif so verändern, dass Geringverdiener mit Jahreseinkommen zwischen 8600 und 13.700 Euro etwas entlastet werden. Lukrativer soll es für die werden, die mehr als 13.700 Euro verdienen. In diesem Bereich soll der Steuertarif flacher als bisher verlaufen. Und: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro gelten statt wie bisher schon ab knapp 53.600 Euro. „Heute greift der Spitzensteuersatz schon knapp über dem Durchschnittseinkommen. Deshalb brauchen wir gerade für mittlere Einkommen eine deutliche Entlastung“, sagt Hans Michelbach (CSU), der Vizechef der Mittelständler.

Parallel soll es ein höheres Kindergeld geben

Die dritte Stufe der Steuerreform ist für das Jahr 2020 geplant und sieht vor, dass der Grundfreibetrag, also das steuerfreie Existenzminimum, das der Staat Erwachsenen einräumt, auch für Kinder gilt. Einen extra Kinderfreibetrag, der niedriger war, soll es nicht mehr geben. Damit davon nicht nur Gutverdiener profitieren, soll das Kindergeld „angemessen“ angehoben werden. Das Konzept sei gerecht, weil es Normalverdiener und Familien entlaste, sagt der Steuerexperte der Mittelstandsvereinigung, Mathias Middelberg (CDU).

Bleibt die Frage, wie das alles bezahlt werden soll. Die MIT-Leute der Union setzen darauf, dass die Konjunktur weiter so läuft wie bisher und sich die Steuereinnahmen so gut entwickeln, wie es Schäubles Experten im Mai vorausgesagt haben. Von den erwarteten Mehreinnahmen wollen sie einen Teil für die Steuerreform verwenden: „Die Entlastungswirkung soll stets circa einem Drittel der erwarteten Steuermehreinnahmen entsprechen“, heißt es in dem Konzept. Nimmt der Staat noch mehr Steuern ein als erwartet, soll auch die Entlastungswirkung größer werden – und umgekehrt. „Die Finanzierung ist also in jedem Fall gesichert, ohne das Ziel des ausgeglichenen Haushalts zu gefährden“, verspricht Mittelstandschef Linnemann. Am Wahlkampfschlager der Union, der „schwarzen Null“, will er nicht rütteln.

Auch das Steuerkonzept der Schwesterpartei CSU geht schonend mit den Staatsfinanzen um. Überhaupt ergeben sich Schnittmengen zwischen beiden Konzepten, sodass sie in ein gemeinsames Wahlprogramm passen dürften. Die Entlastungswirkung der bayerischen Pläne ist freilich begrenzt. Pro Jahr können die Bürger sich auf wenige Hundert Euro gesparte Steuern einstellen. Außerdem will die CSU den Solidaritätszuschlag abschaffen. Familien sollen noch eine Eigenheimförderung bekommen.