Cleveland.

Fast 500 Delegiertenstimmen mehr als nötig. Das anfänglich widerspenstige Parteivolk mehr oder minder auf Linie gebracht. Die Konservativen auf den gemeinsamen Feind Hillary Clinton eingenordet. Tausende rote, blaue und weiße Luftballons für den großen Showdown abwurfbereit unter dem Hallendach in Cleveland installiert: Wer Donald Trump dieses Szenario vor einem Jahr dargelegt hätte, wäre von dem New Yorker Bau-Milliardär wahrscheinlich verlacht worden.

Seit Dienstagabend, 19.13 Uhr, ist es Realität. Der 70-jährige Geschäftsmann hat den laut US-Medien „bizarrsten“ und „unversöhnlichsten“ Vorwahlkampf um das Ticket für das höchste Staatsamt in Amerika gegen alle Pro­gnosen für sich entschieden. Seinem gleichnamigen ältesten Sohn (38) blieb es vorbehalten, als Abgesandter des Bundesstaates New York jene 89 Stimmen zu verkünden, die den politischen Außenseiter über die Hürde der notwendigen 1237 Stimmen trugen. „Glückwunsch, Dad. Wir lieben dich“, rief Trump Jr. in den Saal. Danach erklang Frank Sinatras „New York, New York“ aus den Lautsprechern. Applaus brandete auf.

König Trump nahm den Gunstbeweis in Zahlen nicht persönlich an. Per Video ließ er sich aus seinem Hochhaus in Manhattan in die Versammlung schalten, erklärte, er sei unendlich dankbar und stolz und kündigte an, nun „wirklichen Wandel“ nach Amerika zu bringen. Wie? Darüber gibt, wie viele Delegierte auf Nachfragen bekundeten, heute Abend hoffentlich seine Antrittsrede in der Quicken Loans Arena von Cleveland erstmals Auskunft. „Trump hat die Chance, alle seine Kritiker zu widerlegen und endlich durchdachte Konzepte für mehr Jobs und bessere Löhne vorzustellen“, sagte Jim Bowens aus Wyoming. Der Farmer hat lange mit Trump gefremdelt. „Ich weiß immer noch nicht wirklich, wie der Mann tickt. Aber Hillary Clinton kann für mich definitiv keine Alternative sein.“

Über Trumps Plan, Amerika „wieder groß zu machen“, erfuhr der Parteitag wieder so gut wie nichts. Tochter Tiffany nannte ihren Vater einen „geborenen Mutmacher“. Sohn Donald Jr. mühte sich, den Eindruck zu zerstreuen, der Trump-Clan sei elitär: „Wir sind die einzigen Milliardärskinder, die sich auf einer Planierraupe genauso wohlfühlen wie in unseren eigenen Autos.“ Einige Delegierte guckten in dem Moment, als seien sie überrollt worden.

Ein Nachspiel hat derweil die Plagiats-Affäre um die Rede der Ehefrau von Donald Trump. Melania Trump soll Passagen ihrer Parteitagsrede aus einer früheren Rede der First Lady Michelle Obama übernommen haben. Meredith McIver, ihren Angaben zufolge seit langem Redenschreiberin im Hause Trump, übernahm die Verantwortung. In Vorbereitung ihrer Rede habe Melania Trump ihr am Telefon beispielhaft Passagen aus Michelle Obamas Rede aus dem Jahr 2008 in Denver vorgelesen – „zur Inspiration“. McIver hatte sich Notizen gemacht und Zitate später ohne Überprüfung übernommen. Den angebotenen Rücktritt von McIver soll Donald Trump abgelehnt haben.