Hamburg. Bürgermeister Scholz verurteilt Putschversuch. Staatsschutz berät heute über die Folgen. Flüge von der Hansestadt in die Türkei gestrichen

Der Putschversuch in der Türkei hat auch in Hamburg die Menschen auf die Straße getrieben. Schon kurz nach Bekanntwerden der ersten Nachrichten versammelten sich in der Nacht zum Sonnabend rund 1500 Türken vor dem Generalkonsulat im Stadtteil Rotherbaum. Eine weitere noch größere Kundgebung von Anhängern der Regierung folgte am Sonnabendabend.

Bürgermeister Olaf Scholz verurteilte den Putschversuch. Scholz sagte dem Sender NDR 90,3 und dem Hamburg Journal, Militärputsche seien kein Mittel der Politik. „Deshalb muss man diesen Versuch verurteilen, und wir hoffen alle gemeinsam, dass die Demokratie auch Erfolg hat.“ Scholz betonte, dass die türkische Regierung und der Präsident mit überragender Mehrheit gewählt worden seien. Die Hamburger Polizei hatte bereits kurz nach Bekanntwerden des Putschversuchs reagiert. „Wir haben unsere Maßnahmen am Generalkonsulat angepasst“, sagte ein Beamter. Dort sei es zunächst aber ruhig gewesen. „Die Menschen kamen in kleinen Gruppen oder einzeln an. Viele wollten aus erster Hand erfahren, was los ist.“ Erst nach Mitternacht kamen immer mehr Demonstranten zusammen. Viele hätten immer wieder „Türkei, Türkei“ gerufen oder die Nationalhymne gesungen. Sie schwenkten dabei auch türkische Fahnen.

Später sei dann der türkische Generalkonsul Mehmet Fatih Ak aus dem Haus gekommen und habe eine kurze Rede gehalten. Unter Beifall erklärte er laut Anwesenden, dass sich die Lage in der Türkei beruhigt habe. Daraufhin löste sich die Kundgebung bald auf.

Am Abend versammelten sich dann erneut Tausende Menschen vor dem türkischen Generalkonsulat. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte die der türkischen Regierung nahestehende Union Europäisch-Türkischer Demokraten. Die Polizei sprach von etwa 2600 Demonstranten, darunter auch Frauen und Kinder. Viele Demonstranten schwenkten türkische Fahnen oder hielten Fotos des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hoch. Alles sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

Welche Maßnahmen die Hamburger Polizei in den kommenden Tagen treffen wird, ist noch unklar. Das wird vor allem davon abhängen, wie Oppositionsgruppen auf die Verhaftungswelle in der Türkei reagieren. Eine eingehende Bewertung der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes wird für den Montag erwartet.

Es wäre nicht neu, wenn ein türkischer Konflikt auch in Deutschland ausgetragen wird. Vor allem in den 90er-Jahren gab es hierzulande immer wieder Zusammenstöße zwischen Kurden und Türken. In diesem April kam es zuletzt dazu. Auch deshalb bereitet der Putschversuch vielen Sicherheitsexperten Sorge. So appelliert der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, an die Türken in Deutschland, gewaltfrei zu protestieren. „Es besteht die Gefahr, dass ein innertürkischer Konflikt nach Deutschland getragen wird“, sagte Radek dem Abendblatt. „Man muss an die Türken in Deutschland appellieren, diesen Konflikt nicht in Deutschland auszuüben.“ Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Ansgar Heveling (CDU), warnt vor einem Übergreifen des Konflikts in der Türkei nach Deutschland. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass innertürkische Spannungen auch zu uns herüberzuschwappen drohen“, sagte Heveling dieser Redaktion. „Unsere Sicherheitsbehörden müssen daher alles tun, um Gewaltausbrüche schon im Ansatz zu verhindern.“

Wegen der Lage in der Türkei waren am Sonnabend von Hamburg aus mehrere Flüge gestrichen worden. Turkish Airlines strich drei Maschinen nach Istanbul. Ein Nachmittagsflug der Gesellschaft AtlasGlobal wurde laut Webseite ebenfalls gestrichen. Am Sonntag normalisierte sich der Flugverkehr. Die Gesellschaft Turkish Airlines flog wieder Istanbul an.