Berlin.

Kurz nach dem Schockreferendum hegten manche die Hoffnung, die Briten würden sich besinnen. Doch die neue Tory-Chefin und künftige Premierministerin Theresa May will den EU-Austritt vollziehen. Und auch im Rest Europas rechnet man inzwischen mit einem sicheren „Bye, bye“ der Briten. „Ich gehe davon aus, ganz fest, dass dieser Antrag gestellt wird“, sagte Kanzlerin Angela Merkel jüngst. Der Brexit kommt also – und eine ganze Reihe Schlagwörter versuchen, die Lage zu beschreiben. Wir erklären die wichtigsten.

Brefugees Britische Flüchtlinge wären in Deutschland willkommen. Und zwar besonders gern Institutionen und Unternehmen, die Geld investieren und Jobs schaffen. Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) hat Briefe an britische Firmen verschickt. Die FDP ließ einen Wagen mit dem Schriftzug „Dear start-ups, keep calm and move to Berlin“ durch London fahren. Und der hessische Ministerpräsident lobbyiert dafür, dass die Europäische Bankenaufsicht (EBA) nach Frankfurt umzieht.

Carte, Europa à la Bei diesem ironischen sowie kritischen Begriff von Europa darf sich jeder Staat aussuchen, was er mag. Ganz wie im Restaurant. Der Ausdruck steht für die Vorstellung von einer europäischen Integration in abgestufter Form. Für die EU-Länder bedeutet das, sie können wählen, auf welchem politischen Gebiet sie teilhaben wollen.

Exit vom BrexitBrexit-Gegner reden die demokratische Entscheidung zwar immer noch klein. Aber die Premierministerin Theresa May hat diese Hoffnung abgeräumt, der Brexit kommt.

Geschwindigkeiten, Europa der zwei Das schnelle und das langsame Europa gibt es längst. Die Staaten, die den Euro eingeführt haben, sind durch die gemeinsame Währung gezwungen, sehr intensiv zusammenzuarbeiten, sie bilden eine wirtschaftliche Schicksalsgemeinschaft. Der Chef des europäischen Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, spricht jetzt von einem „äußeren Ring“ an Staaten, der sich herausbilden könne. Fraglich ist, ob zum Beispiel die skandinavischen Länder den Vorschlag von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) mittragen, eine „echte europäische Regierung“ einzuführen.

Little Britain Little England statt Great Britain: Möglicherweise führt der Brexit zum Auseinanderfallen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Die Schotten jedenfalls würden mehrheitlich für die Abspaltung von Großbritannien stimmen. Aber Schottland müsste als Teil Großbritanniens erst einmal raus aus der EU, um dann allein zurückzukommen. Und die Nordiren? Auch dort wird bereits über ein Referendum zur Wiedervereinigung Irlands diskutiert.

Lonely London Den britischen „Bankstern“ wird schon ganz mulmig. Ihr größtes Problem: Wenn es zu einem kompletten Brexit kommt, verlieren die britischen Banken das Recht, ohne zusätzliche Kontrollen in den EU-Staaten Geschäfte zu betreiben. Und: Auch viele Euro-Geschäfte werden in London abgewickelt, damit wäre wohl bald Schluss. Frankfurt und Paris freuen sich schon.

Norwegen plus Geht es um ihre Wirtschaft, dann hätten die Briten gerne, dass alles so bleibt, wie es ist – voller Zugang zum Binnenmarkt. Ähnlich wie Norwegen seine Beziehungen zur EU geregelt hat. Doch das Land akzeptiert auch die Freizügigkeit und zahlt ins EU-Budget ein – was Brexit-Befürworter gerne verschweigen. Die Briten wollen künftig auch über die Zuwanderung die Kontrolle haben. Zurzeit ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die EU den Briten so weit entgegenkommt.

Öxit In Österreich denkt der national-konservative FPÖ-Politiker Norbert Hofer über ein Referendum nach. In Frankreich wäre der Rechtspopulistin Marine Le Pen ein Frexit lieb. Ob die Hängepartie der Briten nach dem Votum ihren Kampagnen nutzt, darf bezweifelt werden.

Pfund Das Pound Sterling aufgeben für den Euro? Undenkbar! Nun ist das Pfund schwer unter Druck geraten. Unter 1,30 US-Dollar ist es nur noch wert, so wenig wie seit 30 Jahren nicht mehr. Der Pfund-Absturz ist eine zweischneidige Sache. Auf der einen Seite wird der Auslandsurlaub für die Briten teurer, ebenso wie importierte Waren. Auf der anderen Seite stärkt er die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft, die billiger im Ausland anbieten kann. Kommt der Brexit ohne Zugang zum europäischen Markt, dann wird es weiter bergab gehen. Der Pfund macht dann einen auf Drachme und Lira. Die gibt es natürlich längst nicht mehr, mit den bekannten Folgen.

Referendum Nanu. Sind Volksabstimmungen doch nicht so großartig? Seit dem Brexit sind die Stimmen, die sich für mehr „direkte Demokratie“ einsetzen, ganz leise geworden. Wer das Volk fragt, der bekommt eben auch eine Antwort. Das wissen die für ihre vielen Referenden bekannten Schweizer nur zu gut. Ja, natürlich, Volksabstimmungen polarisieren, weil die in der parlamentarischen Demokratie üblichen Kompromisse bei einer Ja-/Neinwahl nicht möglich sind.

Steuerparadies Zwar ist Großbritannien mit einer Unternehmenssteuer von knapp 20 Prozent im EU-Vergleich schon ein Niedrigsteuerland. Deutschland etwa liegt bei 29,8 und Frankreich gar bei 38 Prozent. Der britische Finanzminister will nun trotzdem weiter an der Steuerschraube drehen – runter auf 15 Prozent. So soll das Land für Unternehmen auch nach dem Austritt aus dem Binnenmarkt attraktiv bleiben. Experten bezweifeln allerdings die Wirkung: Den Unternehmen gehe es vielmehr um den Zugang zum EU-Absatzmarkt. Ob sie nun fünf oder sechs Prozent weniger Steuern zahlen, sei weniger wichtig.