Washington. Mehr als 300 Millionen Schusswaffen sind in den USA im Privatbesitz

Ist die weltweit beispiellos hochgerüstete amerikanische Zivilgesellschaft, in der es vielerorts leichter ist, an eine Schnellfeuerwaffe zu kommen als an eine Lizenz zum Angeln, selbst schuld an den wiederkehrenden Morden? Und welche Rolle spielt die Rassenfrage?

Wie sehr mit diesen Fragen an einem Pulverfass hantiert wird, zeigte die ungewöhnliche Zurückhaltung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Der Baumilliardär hatte sich im Wahlkampf mehrfach demonstrativ an die Seite der Polizei gestellt, wenn die politische Linke und Mitte nach tödlichen Zugriffen Reformen in den Sicherheitsbehörden forderten. Bis gestern morgen versagte sich Trump Schuldzuweisungen und begnügte sich auf Twitter mit kondolierenden Worten für die Angehörigen und Familien der Opfer. Seine demokratische Rivalin Hillary Clinton äußerte sich ähnlich. „Ich trauere um die Polizisten, die während ihrer heiligen Pflicht, friedliche Demonstranten zu schützen, erschossen wurden.“ Auch Präsident Obama versuchte schon – vor Dallas – den Spagat. Er forderte die Nation auf, nach Rezepten gegen die Misere zu suchen. Im gleichen Atemzug stellte Obama heraus, wie aufopferungsvoll der Job für Polizisten sei. Obama weiß, dass es die Rezepte längst gibt. Er versucht sie seit acht Jahren ins Werk zu setzen – ohne Erfolg. Wann immer seine Regierung den Versuch unternommen hat, den Zugang zu Schießwerkzeugen zu erschweren, schlug ihm die ganze Wucht von Volkes Mehrheitswille, Republikanern und der Waffenlobby NRA entgegen. Gemeinsam steht dieses Trio in einem Land für den Schutz der Verfassung. Dort ist im zweiten Zusatzartikel verbrieft, dass „das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden darf“.

Das Resultat: Mehr als 300 Millionen Schusswaffen sind im Privatbesitz. Die Waffenschmieden des Landes produzieren im Jahr etwa vier Millionen Pistolen, rund 800.000 Revolver sowie über drei Millionen Gewehre.