Berlin. Sozialministerin plant Angleichung in Ost und West. Kritik von der Union

Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau vorantreiben. Sie werde Ende des Monats einen Vorschlag vorlegen, wie diese Angleichung umgesetzt werden könnte, kündigte ein Ministeriumssprecher an. Details nannte er nicht.

Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung berichtet, Nahles wolle die Unterschiede zwischen den Renten in mehreren Schritten abbauen. Sie bezog sich dabei auf ein Modell, das im Mai vom Wirtschaftsforschungsinstitut ifo veröffentlicht worden war. Danach würde die Angleichung im Jahr 2021 beendet sein und pro Jahr drei bis vier Milliarden Euro zusätzliche Kosten verursachen.

Nahles Pläne könnten einen Konflikt in der Koalition auslösen. Zwar hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag verabredet, in diesem Sommer zu prüfen, wie weit sich die Renten in Ost und West angenähert haben. Auch wollten sie entscheiden, wie es weitergeht und ob die Angleichung beschleunigt werden soll. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte Anfang des Jahres deutlich gemacht, dass CDU und CSU wenig Interesse an dem Thema haben. „Es gibt in der Sache Diskussionsbedarf“, sagt Fraktionsvizechefin Sabine Weiss. Die ostdeutschen Unionsabgeordneten würden davor warnen, dass es bei schneller Angleichung Verlierer gebe, sagt Weiss: „Die Ostrentner profitieren, aber die jüngere Generation verliert.“

Derzeit beträgt der Rentenwert in Ostdeutschland 94 Prozent des Westwerts. Bis zum Jahr 2020 sollen es 100 Prozent sein. Würde Nahles die Angleichung beschleunigen und den Rentenwert über die normalen Rentenerhöhungen hinaus anheben, um die Lücke zu schließen, dann würden alle Ostdeutschen profitieren, die bereits in Rente sind. Das wäre aber nur ein Teil der Rentenangleichung. Das politische Risiko lauert an anderer Stelle: Weil ostdeutsche Löhne im Schnitt noch immer unter den westdeutschen liegen, werden sie bei der Berechnung der Rentenpunkte extra aufgewertet – derzeit um 13 Prozent. Diese Aufwertung würde aber wegfallen, wenn in Ost und West dasselbe Rentenrecht gelten würde. Ostdeutsche Arbeitnehmer, die erst in einigen Jahren in Rente gehen, würden sich schlechter stellen als mit der aktuellen Regelung. Die spannende Frage dürfte sein, wie Nahles dieses Problem lösen will.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ermunterte Nahles, die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau rasch voranzutreiben. „Die Menschen in den ostdeutschen Ländern empfinden es als große Ungerechtigkeit, dass es mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit immer noch eine Rente Ost und eine Rente West gibt“, sagte Sellering dieser Redaktion. „Wir müssen jetzt endlich zu einer Lösung kommen.“ Dass Nahles nun einen Vorschlag machen wolle, sei ein „klares Signal“ für eine schrittweise Angleichung der Renten. Über die konkreten Schritte müsse man aber sprechen.