LOndon/StraSSburg. EU-Parlament rechnet mit „Brexit-Helden“ ab

In Großbritannien deutet alles auf einen Machtkampf zwischen zwei Frauen um die Führung der konservativen Tories hin. Innenministerin Theresa May (59) brachte in der ersten Auswahlrunde am Dienstag mehr Abgeordnete der Partei hinter sich als alle ihre Rivalen zusammen. Stärkste Konkurrentin ist Staatssekretärin Andrea Leadsom (53).

May erhielt 165 Abgeordnetenstimmen. Auf dem letzten Platz lag der ehemalige Verteidigungsminister Liam Fox mit 16 Stimmen und schied damit aus. Andrea Leadsom kam auf 66 Stimmen. Justizminister Michael Gove (48 Stimmen) und Arbeitsminister Stephen Crabb (34 Stimmen) folgten dahinter. Crabb erklärte am späten Abend, er ziehe seine Kandidatur zurück und werde wie Fox nun May unterstützen. Nach einem weiteren Wahlgang sollen die übrig gebliebenen zwei Kandidaten in einer Urabstimmung unter den 150.000 Parteimitgliedern antreten. Der Sieger soll am 9. September feststehen.

Im EU-Parlament gab es unterdessen scharfe Kritik an Nigel Farage, dem mittlerweile zurückgetretenen Vormann der EU-feindlichen Ukip. Seine Parlamentskollegen sind schlecht auf ihn zu sprechen. Sie sind aber auch sauer auf Boris Johnson und die anderen Brexit-Propagandisten, die nach dem Sieg fahnenflüchtig geworden sind. „Ich stelle fest, dass die strahlenden Brexit-Helden von gestern die traurigen Helden von heute sind“, sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Vor einer Woche hatte sich Juncker von Farage noch abbürsten lassen müssen („Ihnen ist das Lachen vergangen, nicht wahr?“). Jetzt keilt er zurück. Farage und seine Gesinnungsgenossen seien „Retro-Nationalisten, keine Patrioten – Patrioten gehen nicht von Bord, wenn die Lage schwierig wird.“ Der christdemokratische Fraktionschef Manfred Weber findet Farage „einfach feige“, Parlamentskollegin Rebecca Harms von den Grünen nennt ihn einen „gefährlichen Maulhelden“. Viel weiter als die Fassungslosigkeit über das politische Drunter und Drüber in London reicht die Einigkeit freilich nicht. Über die Schlüsselfragen gehen die Meinungen weit auseinander: Was soll die Union tun, wenn sich das Vereinigte Königreich vorerst außerstande sieht, den Volkswillen zu vollziehen und den erforderlichen offiziellen Austrittantrag bei der EU einzureichen? Für viele ist nicht mal sicher, dass es überhaupt beim Brexit bleibt.