Düsseldorf.

Die Badegäste guckten Mädchen an, sie schauten unter einer Kabinentür durch und zeigten sich nackt, in einigen Fällen grapschten sie sogar nach Frauen oder Mädchen: 17-mal kam es im Jahr 2015 in allen Schwimmbädern der Stadt Düsseldorf zu sexueller Belästigung und Übergriffen. Die Personen, die in Düsseldorf durch „Sittendelikte“ auffielen, kommen dabei aus allen Bevölkerungsschichten, Altersgruppen und Nationalitäten. Eine interne Mail der Polizei erweckte am Montag den Eindruck, besonders Flüchtlinge seien die Täter und die Badeanstalten nicht sicher.

Von einem „enormen Anstieg“ der Sexualstraftaten ist in der Mail die Rede, „insbesondere die Tatbestände Vergewaltigung und Missbrauch von Kindern in den Badeanstalten schlagen hier ins Gewicht“. Die Täter, so zitierte zuerst die „Bild“-Zeitung, „sind zum größten Teil Zuwanderer“. Jugendliche vor allem. Die Düsseldorfer Polizei bemühte sich gestern, die Sache zu relativieren. In der internen Handlungsanweisung sei es nur um ein „Update“ gegangen, um den Streifendienst zu sensibilisieren. Das für Sittendelikte zuständige Kriminalkommissariat habe damit um Beweismaterial gebeten, falls es in einem Schwimmbad zur Anzeige komme: Denn oft seien Täter nur schwer zu identifizieren.

Die Mail sei „etwas missverständlich ausgedrückt“, sagte ein Polizeisprecher, „wir wollten niemanden beunruhigen“. Dabei ist das Wort „enorm“ statistisch gesehen gar nicht falsch: Den 17 Sittendelikten stehen sieben im Vorjahr gegenüber, tatsächlich ist das ein Anstieg von 143 Prozent. Im ersten Halbjahr 2016 gab es acht Anzeigen. Den Zuwachs führt die Polizei auf das vermehrte Anzeigenaufkommen nach den Silvestervorfällen von Köln zurück. Der Satz zu Vergewaltigung und Missbrauch von Kindern in der Mail allerdings sei, so der Sprecher, „so nicht richtig“. Denn im Jahr 2014 habe es keine Vergewaltigung in einem Düsseldorfer Schwimmbad gegeben, 2015 einen „Anfangsverdacht“ und 2016 bisher auch noch keine.

Bei der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen hat die E-Mail der Düsseldorfer Polizei für Verwirrung gesorgt. „Uns sind bundesweit keine erhöhten Zahlen von sexueller Belästigung in Schwimmbädern bekannt,“ sagt Sprecher Joachim Heuser.

Und auch in Düsseldorf hat man einen anderen Eindruck. „Wir können die Einschätzung der Polizei nicht bestätigen“, sagt Roland Kettler, Geschäftsführer der örtlichen Bädergesellschaft, „schon gar nicht im Zusammenhang mit der Gruppe der Flüchtlinge.“ Man habe etwa zwei Millionen Badegäste im Jahr und seit Januar in zwölf Anstalten sechs Fälle gezählt. Einen Fall „unsittlicher Berührung“ nennt Kettler, aber auch die Anzeige einer Frau, die sich im Juni „durch Blicke belästigt“ fühlte. Und eine Anzeige gegen drei Männer, die aus Versehen in die Damendusche spazierten.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt mahnt: „Sexuelle Belästigung in Schwimmbädern ist ein Problem, das wir bei männlichen Jugendlichen seit Jahren beobachten. Das hat es schon immer gegeben.“ Er fordert mehr Sicherheitspersonal und mehr Kontrollen in Schwimmbädern zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen. „Die Betreiber von Badeanstalten müssen im Sommer genügend privates Sicherheitspersonal – am besten in Uniform – in ihren Badeanstalten beschäftigen, damit sofort eingegriffen werden kann“, sagt Wendt.