Brüssel. 16 Gemeinden, 152 Garagen, Dutzende Häuser: Die Polizei nimmt etliche Personen fest. Ob die Gruppe Anschläge bei der Fußball-EM geplant hatte, ist bisher unklar

Drei Monate nach den verheerenden Anschlägen in Brüssel sind Sicherheitskräfte in ganz Belgien gegen mögliche Terrorverdächtige vorgegangen. Zwölf Menschen wurden in der Nacht auf Sonnabend bei Razzien festgenommen. Drei von ihnen im Alter von 27, 29 und 40 Jahren kamen wegen des Vorwurfs des versuchten „terroristischen“ Mordes in Haft, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die anderen seien nach Verhören freigelassen worden.

Insgesamt seien 40 Menschen vernommen worden. Ermittlungsergebnisse hätten ein „unmittelbares Einschreiten“ erfordert, sagte ein Behördensprecher. Hintergründe gab er nicht bekannt. Unbestätigten Medienberichten zufolge stand auch ein Fußball-Fan-Areal in Brüssel im Fokus. Bei Anschlägen am Brüsseler Flughafen sowie in einer Metrostation in der Innenstadt hatten Selbstmordattentäter am 22. März 32 Menschen mit in den Tod gerissen. Seitdem gab es im Land immer wieder Anti-Terroreinsätze.

Bei dem jetzigen Großeinsatz durchsuchten Sicherheitskräfte insgesamt 152 Garagen und Dutzende Häuser in 16 Gemeinden. Darunter war unter anderem der als Islamisten-Hochburg bekannte Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Durchsuchungen gab es unter anderem auch in den Brüsseler Gemeinden Schaerbeek und Forest sowie in den im französischsprachigen Teil des Landes gelegenen Städten Tubize und Lüttich.

Medienberichten zufolge stand der Einsatz auch im Zusammenhang mit der Fußball-EM in Frankreich und dem Spiel der belgischen Nationalmannschaft am Sonnabend in Bordeaux gegen Irland. Die Tageszeitung „De Standaard“ berichtete, im Fokus der Verdächtigen habe etwa ein Fan-Areal in der Brüsseler Innenstadt gestanden. Die Behörden bestätigten dies nicht. Bei den Razzien habe es keine Zwischenfälle gegeben, hieß es lediglich. Waffen oder Sprengstoff seien nicht gefunden worden.

Der nationale Sicherheitsrat entschied, die Terrorwarnstufe im Land unverändert auf der zweithöchsten Stufe zu belassen. Am Sonntag wurde der Hauptbahnhof der Stadt zeitweise geräumt, um verdächtige Gepäckstücke zu untersuchen. „Das Signal das wir damit senden, ist ein beruhigendes“, sagte Premierminister Charles Michel. Für öffentliche Veranstaltungen sollten in den kommenden Tagen jedoch die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden.

Schon im Laufe der vergangenen Woche war die Anspannung in Belgien gestiegen. Die Tageszeitung „La Dernière Heure“ und andere Blätter berichteten, dass Dschihadisten Syrien verlassen hätten, um in Belgien und Frankreich Attentate zu verüben. Dafür gab es keine offizielle Bestätigung.

Im Zusammenhang mit den Attentaten vom 22. März würden ihm unter anderem „terroristische“ Morde und Mordversuche vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Nach Einschätzung des Terrorexperten Rolf Tophoven zeigten diese Anti-Terror-Aktionen, dass es wohl noch weitere Mitwisser und Operateure rund um die Anschläge von Paris und Brüssel gebe.

„Über Jahre hat sich in Belgien eine militant-islamistische Szene entwickelt. Da ist ein sehr fruchtbarer Boden für den Islamismus entstanden“, sagte Tophoven der Deutschen Presseagentur. Es sei aber auch möglich, dass die Terrormiliz IS selbst Informationen streue, dass sich in großer Zahl Kämpfer Richtung Belgien und Frankreich aufgemacht hätten – „als psychologische Kriegsführung, die mit Angst und Schrecken operiert“. Terroristische Anschläge bei der Fußball-EM blieben bisher allerdings aus.