Peking. Bundeskanzlerin erhält Ehrendoktorwürde in Nanjing

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mehr Rechtsstaatlichkeit in China angemahnt. Bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Nanjing in Peking unterstrich die Kanzlerin am Sonntag die Notwendigkeit verlässlicher rechtlicher Rahmenbedingungen für die Stabilität der Gesellschaft, aber auch für die Wirtschaftskooperation mit Deutschland. „Kern aller Rechtsstaatlichkeit ist, dass die Stärke des Rechts gilt und nicht das Recht des Stärkeren“, sagte Merkel. Recht dürfe nicht als Werkzeug der Macht benutzt werden, sondern müsse unabhängig von der Politik für alle gleich gelten.

Zum Auftakt ihres dreitägigen Besuches setzte sich die Kanzlerin nachdrücklich dafür ein, dass regierungsunabhängige Organisationen trotz eines ab 2017 in China geltenden Gesetzes zu ihrer Kontrolle auch künftig frei arbeiten können. „Sie alle tragen zur Verständigung und zum Verständnis bei.“ Betroffen sind auch Parteienstiftungen, Wissenschaftseinrichtungen oder die deutsche Auslandshandelskammer (AHK). Merkel ist mit sechs Ministern und mehreren Staatssekretären zu den vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen angereist, die am Montag beginnen.

Im Konflikt über die europäische Weigerung, China als Marktwirtschaft einzustufen, setzte sich Merkel für einen Kompromiss ein, um einen drohenden Handelskonflikt zu vermeiden. „Kein Mensch hat Interesse an vergrößerten Handelskriegen“, sagte Merkel. „Das bedeutet auch, dass wir offen über die bestehenden Probleme reden müssen.“ Der Status als Marktwirtschaft würde China vor teuren Anti-Dumping-Klagen bewahren – also Beschwerden, dass es seine Produkte unter Preis anbiete.

Bei der Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) 2001 war China der Status bis Ende dieses Jahres in Aussicht gestellt worden. Die EU möchte aber weiter Schutzmechanismen gegen Billigprodukte aus China schaffen können. Die EU müsse mit China „über einige Branchen sprechen“, sagte Merkel und verwies auf Chinas Stahlüberproduktion: „Das ist ein großes Problem für europäische Stahlhersteller.“ Die Universität der ostchinesischen Metropole Nanjing verlieh Merkel die Ehrendoktorwürde für ihr Engagement bei der Lösung regionaler Konflikte, im Kampf gegen den Klimawandel und bei der Bewältigung der Finanzkrise 2008.