Berlin. In den Parteien ist der Streit um die Nachfolge voll entbrannt. SPD-Fraktionschef Oppermann: Kein CDU-Kandidat wird Bundespräsident

    Bundespräsident Joachim Gauck hat sich am Tag nach seiner Rückzugserklärung gut gelaunt der Öffentlichkeit präsentiert. „Sie sehen einen entspannten Bundespräsidenten und einen inspirierten“, sagte er am Dienstag bei der Eröffnung der „Woche der Umwelt“ im Park von Schloss Bellevue. Mit der Ankündigung, nicht für eine zweite Amtszeit anzutreten, sei Druck von ihm gewichen. Für das positive Echo auf die Erklärung sei er dankbar.

    Weiter betonte Gauck, seine Amtszeit ende in einem guten Dreivierteljahr. „Ich kann dann auch in Ruhe gehen, voller Vertrauen auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin.“ Es gebe derzeit zwar Herausforderungen und Schwierigkeiten, aber: „Das ist kein Land, das sich in einem Orkan befindet“. Es gebe engagierte Bürger, die demokratischen Institutionen seien gefestigt. „Kein Grund zur Panik.“ Der 76-Jährige hatte am Montag angekündigt, vor allem aus Altersgründen im Februar 2017 nicht für eine zweite fünfjährige Wahlperiode zur Verfügung zu stehen.

    Doch einen Tag nach Gaucks Erklärung klingt die Stimmung in der schwarz-roten Koalition bei der Nachfolgedebatte schon deutlich angespannter. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schloss am Dienstag aus, dass nach jetzigem Stand ein CDU-Politiker ins Schloss Bellevue einziehen werde, weil die Union eben auch keinen Sozialdemokraten haben wolle.

    Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), reagierte gereizt: Er rate jedem, sich in der Frage zurückzuhalten. Dann teilte er gegen Oppermann aus: „Wenn mein Kollege Oppermann erklärt, dass es kein Kandidat der Union schaffen würde, dann kann ich nur sagen, es ist sicher nicht das erste Mal, dass ein Sozialdemokrat sich geirrt hat.“

    Oppermann hatte zuvor wörtlich gesagt: „Die Union hat klar gemacht, dass es kein Sozialdemokrat werden soll. Dann wird es nach Lage der Dinge auch kein Christdemokrat.“ Die Union stellt in der Bundesversammlung, die am 17. Februar 2017 zusammenkommt, zwar die mit Abstand größte Gruppe, hat aber keine eigene Mehrheit. Das gilt auch für die SPD, die selbst mit Linken und Grünen zusammen keinen Kandidaten durchsetzen könnte.

    Kauder unterstrich, dass es aus Sicht der Union dabei bleibe, „dass wir uns Zeit lassen“. Es bestehe keine Notwendigkeit, die Präsidentenfrage vor der Sommerpause auf die Schnelle zu klären. Auch die SPD will zunächst die Landtagswahlen im September in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern abwarten. „Wir müssen miteinander reden in der großen Koalition, aber auch darüber hinaus“, sagte Oppermann. Es mache überhaupt keinen Sinn, bereits Namen zu nennen. „Das ist viel zu früh.“

    Grüne plädieren für einen überparteilichen Kandidaten

    Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt will sich in der Diskussion um die Gauck-Nachfolge nicht auf eine Position festlegen lassen. Die 65-Jährige, die von Medien als eine der möglichen Kandidaten gehandelt wird, sagte am Dienstag in Berlin auf die Frage, ob sie dafür zur Verfügung stehe: „An irgendwelchen Personalspekulationen beteilige ich mich nicht.“ Und: „Ich bin nicht so wichtig, dass ich mir diese Frage stellen muss.“

    Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sprach sich gegen eine Auswahl von Kandidaten nach Parteienkalkül aus. „Wir brauchen einen Präsidenten, der das gesamte Land zusammenhält“, sagte Özdemir. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist gegen eine sofortige Debatte über die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck. „Ich beteilige mich daran nicht. Das gebietet schon der Respekt vor dem Amt“, sagte der Grünen-Politiker, der selbst als möglicher Kandidat gehandelt wird.

    Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte die SPD auf, Position für einen künftigen Bundespräsidenten mit sozialer Ausrichtung zu beziehen. „Eine solche Persönlichkeit würde die Linke auf jeden Fall unterstützen, und wenn die SPD den Mut hätte, sie mit uns und den Grünen gemeinsam durchzusetzen, wäre das ein wichtiges Signal“, sagte Wagenknecht.